900 neue öffentliche Mietwohnungen…
…könnte der Staat bauen wenn er den Briefumschlag abholen wollte, den Frau Margrethe Vestager, die europäische Kommissarin für Konkurrenzfragen, in ihrer Schublade für den luxemburgischen Staat bereit hält. Nur der will ihn nicht abholen.
Vertiefende Untersuchung eingeleitet
Nun, die einleitende Darstellung stimmt nicht ganz. Richtig ist, dass die Kommissarin eine Voruntersuchung abgeschlossen hat, die eine Steuervermeidung des französischen Multis Engie bzw. seinem Vorgänger GDF-Suez betrifft. Zum ersten Mal wurde dieser Tage eine Chiffrierung gewagt: 300 Millionen oder auch noch mehr soll Engie dem Staat an Steuergeldern abliefern, wenn die vertiefende Untersuchung, die jetzt eingeleitet ist, einmal abgeschlossen ist.
Engie bleibt ganz cool. Alle gewünschten Informationen würden der Kommission oder dem luxemburgischen Staat geliefert. Und: niemand bezichtige Engie, den Fiskus betrogen zu haben. Und so ist es formal gesehen wohl auch. Beschuldigt wird der luxemburgische Staat, die Regeln der gerechten Konkurrenz zwischen Konzernen missachtet zu haben, indem er geschuldete Steuergelder nicht einkassierte. Denn die Frau Vestager ist nicht zuständig für soziale Gerechtigkeit, nicht für die gerechte Verteilung des Mehrprodukts, nicht für die gewissenhafte Arbeit der Steuerverwaltungen, sondern dafür, dass die Konzerne untereinander nicht durch staatliche Maßnahmen bevorteilt oder diskriminiert werden. Die Steuersätze in der EU bleiben immer noch bei der nationalstaatlichen Souveränität, die Wahrung der Konkurrenz ist europäische Sache.
Verschieben von Kapitalien
Aus der 56seitigen Voruntersuchung geht hervor, dass zwei Töchter von GDF-Suez, LNG Supply (LNG) und GDF Suez Treasury Management (GSTM) 2009-2011 zwei Anleihen bei zwei anderen Filialen der Gruppe, LNG Luxembourg, dann Elecrabel Invest Luxembourg aufgegeben hatten, die in Aktien konvertibel waren. Bereits 2008 hatte das Büro 6 der Steuerverwaltung der Suezgruppe eine Steuerentscheidung (oder Reskript) zugestanden, in der diese Verschiebungen gleichzeitig als Anleihen und als Anteilnahmen innerhalb derselben Kapitalgruppen angesehen wurden. Anleihen und Anteilnahmen werden nicht besteuert. Hingegen können sie von den Steuern abgesetzt werden. „Alles legal“ sagt der Staat. „Derselbe Betrieb kann nicht zweimal bei derselben Transaktion gewinnen,“ sagt die Kommission. Und: „GSTM hat zwischen 600 und 650 Millionen vom steuerpflichtigen Einkommen abgesetzt, LNG zwischen 400 und 450 Millionen. Diese Summe von etwa einer Milliarde € hätte nach dem luxemburgischen Gesetz zu 29% besteuert werden müssen, was runde 300 Millionen Steuerrückstände ausmacht. Bitte einfordern!“
Ein Schrecken ohne Ende
An diesem Beispiel zeigt sich, wie wertvoll Luxleaks sind. Sie haben zu Offenlegungen geführt, die nun der Konkurrenzkontrolle in Brüssel wertvolle Informationen liefern. Alte Steuerrückstände werden aufgedeckt. FIAT wurde bereits zur Nachzahlung von 30 Millionen verurteilt, Amazon und Mac Donald’s warten darauf. Luxleaks wirkt nach. Danke Whistleblowers!
Tausende Haushalte in Luxemburg warten auf eine bezahlbare Mietwohnung. Sie werden wohl noch lange warten. Denn das ist Luxemburg mit seinem Herrn Hansen. Nicht Brüssel mit seiner Frau Vestager. Und sowieso haben beide Situationen gar nichts miteinander zu tun…sagt man.