04-02-2014
Differdingen: Zwischen Arroganz und Obsession
Die Differdinger DP-déi Gréng Koalition ist nicht aus politischen Gründen gescheitert, sondern an fehlenden zwischenmenschlichen Qualitäten sowie der unbewussten Vermischung von persönlichen und politischen Ambitionen. Die Neurose einer Familie (mindestens von drei Mitgliedern) ist sowohl verantwortlich für den Aufstieg wie jetzt für den Abstieg der Differdinger DP.
Letzter Beweis dafür hat Fränz Meisch am 31. Januar anläßlich der Eröffnung des neuen Differdinger Kulturzentrums geliefert. Als Gemeindebediensteter nutzte er diese Rede, um mit so manchem politisch abzurechnen und gleichzeitig die Kernbotschaften der Meisch-Vision des Strukturwandels von Differdingen zu kommunizieren. Er war der letzte der sogenannten Meisch-Dynastie, der legitimiert war, an dem Abend eine Rede zu halten, also hat er auch ohne politisches Mandat Politik betrieben.
Wenn die Familie sich einm(e)ischt…
Mit Aussagen wie „es hat lange Jahre, von 2007 bis heute gebraucht, um Differdingen auf die politische Landkarte zu bekommen“ und „mit dem ‘Aalt Stadhaus’ und dem vor einer Woche eröffneten Aquasud, hat Differdingen jetzt endlich das was es verdient – und damit meine ich nicht die Politik!“, um dann seinen Bruder und Minister direkt noch auf ein wichtiges Puzzlestück des von der Meisch-Familie erwünschten Strukturwandels persönlich anzusprechen „es fehlt nur noch das Lyzeum, nicht wahr Herr Minister“.
Wie kann es dazu kommen, dass ein Chef eines Gemeindedienstes anläßlich der Eröffnung eines 15 Millionen teuren Kulturzentrums (3,5 Millionen mehr als geplant) seinen Schöffenrat als unwürdig für die Stadt erklärt? Wie kam es dazu, dass Jean Lorgé (DP) kurz vor Abschluss von zwei Großprojekten demissioniert und dabei den ganzen Schöffenrat, sich selbst inklusive, scharf kritisiert? Wie kam es dazu, dass Michel Braquet, nach seinem Wechsel von der LSAP zur DP, den Schöffenrat nicht wählt und auch demissioniert?
Claude Meisch und die Wüste
Wie kam es dazu, dass hinter Claude Meisch gähnende Leere herrschte? Das alles müssen sich Marcel, Fränz und Claude Meisch wohl selbst zuschreiben, oder besser, ihrer Arroganz und Obsession, welche den einen oder anderen von Ihnen in so manchen Situationen einfach blind gemacht haben. Die rezenten Reden, wie die Gemeinderatsantrittsrede von Marcel Meisch oder die erwähnte Eröffnungsrede von Fränz Meisch, aber auch so manche Leitartikel von Letzterem und von seinem Bruder Claude Meisch offenbaren nach einer Analyse: Diese Familie hat sich der Arbeit, vor allem für den Strukturwandel von Differdingen, verschrieben und dies auf eine solch obsessive Art und Weise, dass Kritiken, abweichende Meinungen und vor allem Handlungen, nicht erlaubt waren und diesen mit Drohungen und Erpressungen begegnet wurde.
Zu einer solchen Erpressung kam es, als der heutige Erziehungsminister Claude Meisch den damaligen DP-Gemeinderat Braquet im Gemeinderat rhetorisch-drohend fragte: „…und was kostet das Stolpersteine Projekt?“ Braquet hatte zuvor angekündigt gegen die Konvention mit der Harmonie Municipale Differdange, einem seit Jahrzehnten von der Meisch-Familie maßgeblich geführten Verein, zu stimmen. Das Stolpersteine-Projekt liegt Braquet sehr am Herzen und ist von ihm initiiert worden, die mitschwingende Drohung lautete: „Stimmst du die Konvention nicht, werde ich das Stolpersteine Projekt nicht finanzieren“. Der Gang der DP in die Opposition war nicht das erste Symptom dieser Familienneurose (und mangelnder Courage von aktuellen Differdinger DP Mitgliedern): Zahlreich sind in den letzten 12 Jahren die DP-AbzüglerInnen in Differdingen und bei den letzten zwei Wahlgänge hat Claude Meisch immer mehr Stimmen eingebüßt.
Wie Du mir, so ich Dir
Das traurige an diesem ganzen Theater (Claude Meisch selbst hat während einer Gemeinderatssitzung vorgeschlagen, die Sitzungen auf die Bühne des Kulturzentrums zu verlegen) ist, dass es die wirkliche politische Debatte verhindert, denn alle beschäftigen sich mit der Besetzung der Rollen statt mit dem Drehbuch. Der sogenannte Differdinger Strukturwandel wird nicht diskutiert. Er erfährt jetzt mit der neuen Koalition einige Kursänderungen aber mit Traversini als Bürgermeister „geht Differdingen nicht zurück“, denn er kündigt Kontinuität an. Aber wohin geht Differdingen? Die ehemaligen Partner behaupten noch heute die gleiche Vision von Differdingen zu haben. Welcher Strukturwandel soll das sein und vor allem „wie?“ soll er bewerkstelligt werden? Was verbirgt sich hinter dieser Mantra der letzten 12 Jahre in Differdingen?
Das Politiklexikon von Schubert und Klaus/Martina Klein definiert Strukturwandel wie folgt:
„Allg.: S. bezeichnet eingetretene Veränderungen oder angestrebte Anpassungen, die nicht nur äußerlich sichtbar sind oder in Details umgesetzt werden, sondern grundsätzlicher Natur sind, d. h. völlig neue Beziehungen (zwischen den einzelnen Elementen) herstellen oder eine völlig neue Ordnung verlangen.
Spez.: Der Begriff wird vorwiegend im wirtschaftlichen Sinne verwendet und bedeutet hier, dass sich a) die bisherigen Beziehungen innerhalb der einzelnen Wirtschaftsbranchen (sektoraler S.) bzw. innerhalb einzelner Regionen (regionaler S.) drastisch ändern oder b) dass sich das Verhältnis zwischen eingesetztem Kapital (Maschinen, Automaten, Robotern) und notwendiger menschlicher Arbeitskraft drastisch ändert.“
Der zweite inflationär benutzte Begriff in Differdingen ist: soziale Mixität. Meist ist damit gemeint, in arme Viertel besser Verdienende anzusiedeln, aber nie andersherum. Es stinkt nach Gentrifizierung, es stinkt nach dem Motto: „Arme und Kleinverdiener raus, Türen groß auf für die Mittelschicht“. Es gilt über diese Vision zu diskutieren und nicht über auswechselbare politische Konstellationen. Vor allem muss es das Ziel emanzipatorischer Politik sein möglichst viele BürgerInnen zu Akteuren in diesem gesellschaftlichen Prozess zu machen und nicht über die essentiellen Bestandteile der Gesellschaft, den Menschen, hinweg Strukturen im Turbo zu verändern.
30-01-2014
Les remèdes de Papa Bettel
Lorsque le Premier Ministre doit s’exprimer devant la Fedil (Fédération des Industriels Luxembourgeois), de quoi parle-t-il? De bouffe. Xavier Bettel a faim: faim de « changer » le pays, faim d’action politique. Le grand patronat lui aussi a faim: faim d’une baisse des cotisations sociales (qu’il préfère appeler « charges »), faim de plus de « flexibilité » des salariés, faim de marges bénéficiaires. Tout le monde a faim, donc.
On a donc appris, lors de la réception de Nouvel an de la Fedil, que la mère du nouveau premier ministre lui faisait ingurgiter quotidiennement de l’huile de foie de morue. Ce n’est pas bon, mais cela fait du bien. Paraît-il du moins. Il faut en tout cas l’espérer, car c’est le programme santé que Xavier Bettel préconise au pays. Nous allons tous boire de l’huile de foie de morue.
A table, les enfants!
Non content d’user dans son discours (prononcé en anglais à l’occasion de la présence du vice-premier ministre irlandais, il aurait pu faire un effort et le dire en gaélique, mais bon…) jusqu’à la corde des métaphores gastronomiques à vous en filer une indigestion, Xavier Bettel ressasse tous les poncifs de la vulgate néolibérale. Ce n’est pas original, mais cela a l’avantage d’être clair. Et pour bien souligner son propos, afin que l’on comprenne bien à quel point il est aux affaires, il va, tout au long de son discours comparer le pays à une famille, avec des rôles bien répartis: les parents, c’est le gouvernement et les enfants… les citoyens, pardi! Même Jean-Claude Juncker, patriarche en chef, n’aurait pas osé.
Restons dans l’enfance: il faut « dire la vérité aux enfants » et « cesser de jouer à cache-cache ». En effet, Monsieur le Premier ministre: nous aurions bien aimé que vous cessiez de jouer à cache-cache et nous disiez clairement quels sacrifices à l’huile de foie de morue vous nous préparez. Le patronat devait être assez frustré: ce lundi, il ne lui a pas révélé « which things we will have to give up ». Le « we » dans ce cas est purement rhétorique: les membres de la Fedil ont certainement compris qu’il ne s’adressait pas à eux.
Le courage de se battre pour les puissants
Bettel n’a pas peur d’être un père de famille que les enfants, dans leur naïveté, trouveraient injuste. Ils ne s’en rendent pas encore compte, mais c’est pour leur bien. Il prendra des mesures impopulaires. Le mot « impopulaire » est ambigu: d’une part, ces mesures ne seront pas appréciées par le peuple. D’autre part, ce sont aussi des mesures qui, justement, n’ont rien de populaires, qui donc n’émanent ni de lui, ni ne seront en sa faveur.
Et c’est normal: ce nouveau gouvernement s’engage à lutter contre le « gaspillage ». Pendant trop longtemps, les parents ont été bien trop généreux avec leurs enfants gâtés-pourris.
Mais il ne suffit pas de leur faire avaler régulièrement de l’huile de foie de morue et de cesser de leur acheter tous les jouets qu’ils désirent, il faut aussi, dans ce grand mouvement de vérité, leur faire comprendre que la vie, ça va être très, très dur: « We should stop telling our children that everybody can become everything ». En clair: tout le monde aura la place qu’il mérite. Ou plutôt: tout le monde aura la place que le marché lui proposera.
Quand Bettel fait du Sarkozy
La rhétorique bettelienne ressemble à s’y méprendre à celle de Sarkozy: on justifie et prépare une société plus inégalitaire en jouant sur un pseudo bon sens commun. Vous voyez, le genre de phrases qui, à première vue, sonnent bien, paraissent logique, mais qui, en fin de compte, sont particulièrement perverses. Exemple tiré du discours de Bettel: « on ne peut pas empêcher un jeune de devenir mécanicien sous prétexte qu’il ne maîtrise pas les règles du subjonctif en français ». C’est vrai que ce serait un peu con. Sauf que même si notre système d’éducation actuel n’est pas très efficace, il n’a jamais exigé ce genre de choses de la part d’un apprenti mécano (et franchement, à part les profs de français, qui connaît vraiment ces règles?).
Le pseudo bon sens commun
Dernier « truc » de papa Bettel: parlant toujours des jeunes (donc les enfants des enfants), le chef du gouvernement se montre néanmoins magnanime. Après avoir demandé à son peuple puéril des larmes et du sang, il se dit prêt à aider « ceux qui veulent vraiment s’en sortir ». Faites très attention à cette phrase, elle va revenir très souvent. Elle va même imprégner la politique d’emploi du gouvernement. Car si le chômage augmente régulièrement au Luxembourg (nous en sommes maintenant à 7,1 %), c’est probablement que le nombre de personnes ne désirant pas vraiment « s’en sortir » augmente lui aussi… Il faudra donc voire qui, parmi ces chômeurs inscrits, « veut vraiment s’en sortir »… ça promet!
Apprendre de l’Irlande… et mourir
Mais bon, il suffit de faire de gros sacrifices et tout ira mieux. Et tiens, quel aubaine, vu que le discours est prononcé en présence d’Eamon Gilmore, le vice-premier ministre irlandais, on peut tirer un joli parallèle. Car l’Irlande, comme tout le monde le sait, avait été durement touchée au début de la crise financière. Et c’est uniquement grâce à d’énormes sacrifices (des millions de litres d’huile de foie de morue) qu’elle va à nouveau mieux. Bon, évidemment, il n’aurait peut-être pas été très courtois de déclarer à un représentant d’un gouvernement étranger que sa politique est nulle, mais ce n’est pas une raison non plus pour raconter n’importe quoi. Comme vous pourrez le lire dans cet article, la cure irlandaise a un prix élevé: augmentation de la TVA à 23 % (tiens, tiens!), abaissement des allocations familiales (re-tiens, tiens!), division par deux des allocations de chômage et triplement des frais de scolarité… Et pourtant, la dette publique ne cesse d’augmenter. Apparemment, l’huile de foie de morue n’a pas convenu aux enfants irlandais. Problème: selon Xavier Bettel, « This, dear Eamon, is a very sweet conclusion for Ireland, for the European Union and for the global economy ».
Indeed Xavier, this is very sweet!
24-01-2014
Rechnen… und kürzen
Im europäischen Vergleich ist Luxemburg eines der Länder wo der Anteil der Familienzulagen an den Sozialleistungen am höchsten ist. 16,2% aller Sozialleistungen bestehen aus Familienzulagen (Kindergeld, Erziehungszulage, Kinderboni, Geburtszulagen, chèque-service…). Schon die vorherigen Regierungen hatten ihres getan, dies zu ändern zum Beispiel durch die Desindexierung des Kindergeldes oder indem sie das Kindergeld auf 18 Jahre beschränkten und die Studienbeihilfen reformierten, um so die alleinigen in Luxemburg ansässigen Studenten zu begünstigen, und die Kinder der ausländischen ArbeitnehmerInnen von den Zulagen auszuschliessen. Diese Reform wurde jedoch vom europäischen Gerichtshof gekippt, so dass Millionen Rückzahlungen ins Haus stehen.
Ein kleiner historischer Exkurs, der vielleicht einige Sichtweisen zurechtrücken wird: Die Familienzulagen wurden Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführt. Sie sollten dem Arbeiter erlauben, seine Familie in der er der Alleinversorger war, über die Runden zu bringen und seine Ehefrau sollte sich darum kümmern, wenn möglich weitere gesunde Arbeiter großzuziehen, die die Ablösung garantierten. Ein kräftiger Schuss patriarchalische Weltsicht, die auch in den Gewerkschaften grassierte, tat Seines dazu. Frauen raus aus den Fabriken, und in ihre angestammte Rolle als Heimchen am Herd und als Kindererzieherin, dies war auch aus gewerkschaftlicher Sicht ein Fortschritt.
Frau zwischen Kinder und Küche
Das Bezahlen des Kindergeldes war Sache des Patronats, die ersten wurden in der Stahlindustrie in den Jahren 1916/17 ausbezahlt. Auch bei der Gründung der Nationalen Kasse für Familienzulagen waren die Arbeitgeber und die Selbstständigen die Geldgeber für das Kindergeld. Bis 1994 beschlossen wurde, dass der Staat die Kosten übernimmt.
Die neue Ministerin wird wohl kaum eine andere Richtung in Sachen Familienzulagen einschlagen als ihre Vorgängerinnen. Obwohl uns weisgemacht werden soll, dass die Gelder versiegen, wird die Rückkehr zur alten Finanzierungsmethode über Beträge der Betriebe nicht zur Debatte gestellt. Im Jahre 2012 hat der Staat diese Beiträge bezahlt und so dem Patronat 225,816 Millionen Euros geschenkt. Von der Wiederindexierung des Kindergeldes, wie sie die Gewerkschaften fordern, will die Ministerin auch nichts wissen. Neue Pisten werden angedacht, um die Ausgaben zu zügeln, nicht etwa aber um eine Verbesserung für die Familien zu erreichen.
In einer Studie der Generalinspektion der Sozialversicherungen werden diese Pisten erläutert. Eine Versteuerung der Zulagen würde 148 Millionen Euros bringen. Die Steuerlast für Familien mit Kindern würde um 11,6% steigen! Wenn auch noch der Kinderbonus versteuert wird, würde die Steuerlast um 15,4% steigen! Abgesehen davon, dass dann jeder Haushalt mit Kindern eine Steuererklärung machen müsste.
Kleiner Haushalt, hohe Kosten
Eine andere Piste, die Corinne Cahen angedacht hat, ist das Ausbezahlen eines einheitlichen Betrags für jedes Kind. Der Betrag für ein Kind liegt zurzeit bei 185 Euros monatlich, 220 Euros für das zweite Kind und bei 305 Euros für das fünfte Kind! Diese progressive Steigerung wurde eingeführt zur Zeit des Calot-Berichts, der behauptete die Luxemburger seien vom Aussterben bedroht! Die natalistische Politik hatte allerdings eine sehr geringe bis gar keine Wirkung. Bei einer einheitlichen Zahlung würde jetzt natürlich der geringste Betrag ausbezahlt werden, was dann eine Ersparnis von 125 Millionen Euros jährlich ausmachen würde.
Die Familienzulagen machen einen nicht unerheblichen Teil des Einkommens aus, besonders von Geringverdienern. Sie zu kürzen heißt für Familien mit Einkommen bis zu 2.500 Euros ein bedeutender Einkommensverlust.
In der Tat sollte man für jedes Kind Zulagen in gleicher Höhe bekommen, in einer Höhe, die sich an den realen Kosten der Ausgaben für das Kind orientiert, im Sinne einer Verbesserung der Chancengleichheit.
Des Weiteren sollten die Zulagen wieder indexiert werden, damit sie mit der allgemeinen Teuerung Schritt halten.
Finanzieren kann man dies über die Wiedereinführung der Beiträge für die Betriebe und deren Erhöhung. Dies kann zum Beispiel durch eine generelle Aufhebung der Beitragsdecke geschehen, die bei dem fünffachen Mindestlohn liegt, im Sinne der sozialen Gerechtigkeit. Denn der jährliche Bericht der IGSS belegt auch, dass die Beitragslast verhältnismäßig höher ist bei kleinen Einkommen als bei hohen Einkommen.
23-01-2014
Intérêts notionnels: la dernière blague belge
Le renouveau politique annoncé par la coalition gambienne a rapidement montré ses limites sur le plan socio-économique : il ne sera donc pas question de faire payer la crise par ceux qui l’ont provoquée. La hausse de la TVA est même revenue à l’ordre du jour. Mais un point du programme est resté quelque peu dans l’ombre : les intérêts notionnels.
Quand on veut faire du renouveau, il faut trouver des idées originales. Alors pourquoi ne pas recycler celles des autres ? Rien de mal a priori. Le problème c’est d’emprunter la mesure fiscale la plus catastrophique jamais inventée par la Belgique, qui possède pourtant un certain « talent » en la matière.
De quoi s’agit-il ? Les intérêts notionnels ont été mis en place pour compenser la disparition des « centres de coordination » condamnés par l’Europe. Ce dispositif avait attiré une grande quantité de multinationales en Belgique, pour y ouvrir des centres de coordination qui leur permettaient de défiscaliser une bonne partie de leurs bénéfices. Les intérêts notionnels ont donc été mis au point pour les inciter à rester.
De quoi s’agit-il exactement ? Prenons une entreprise qui fait des investissements. Elle demande un prêt à sa banque pour les financer. Elle paye donc des intérêts sur cet emprunt. Elle peut ensuite déduire de ses revenus les intérêts versés à la banque. Si elle finance ses investissements sur fonds propres, elle ne peut pas déduire d’intérêts puisqu’elle n’en paye pas. Logique. Sauf que les intérêts notionnels permettent aux entreprises de déclarer les charges d’intérêts qu’elles auraient payés si elles avaient dû emprunter. D’où le terme « notionnel ».
Bilan désastreux
Les défenseurs de la mesure nous ont expliqué qu’il s’agissait d’encourager les entreprises à se financer sur fonds propres, surtout dans le contexte de crise financière qui rendait plus difficile l’accès au crédit. Soit. Toujours est-il que si l’on fait le bilan de cette mesure en Belgique, il est plutôt désastreux. Aucun emploi créé. Aucune richesse non plus. Par contre, des géants de l’industrie comme Mittal sont très contents d’avoir réussi à payer moins d’impôts qu’un seul de leurs ouvriers. Et les finances publiques ont perdu plusieurs milliards d’euro par an.
Il y a un peu plus d’un an, Bruno Colmant, le créateur des intérêts notionnels, faisait lui-même un bilan critique de la mesure, en avouant qu’elle avait fait l’objet de gros abus au travers de multinationales qui établissaient une filiale financière très fortement capitalisée en Belgique, sans rien apporter à l’économie nationale.
Depuis leur création, les intérêts notionnels ont été « adoucis » : leur taux a été réduit. Mais le principe reste le même : offrir des cadeaux fiscaux à ceux qui n’en ont pas besoin puisqu’ils ont les moyens d’investir sans emprunter. Pour les salariés et les indépendants, l’imposition est tout sauf « notionnelle » : pour déduire des frais professionnels, il faut qu’ils soient bien réels et dûment justifiés.
Fiscalité inversée
En recourant à cette mesure, le Luxembourg tenterait de bénéficier à son tour d’une niche fiscale totalement improductive. Au départ, l’impôt est fait pour redistribuer les revenus. Les plus gros revenus contribuent davantage au bien commun. Avec les intérêts notionnels, c’est le contraire. Ceux qui font le plus de bénéfices payent le moins.
Est-ce cela le renouveau promis ? Au lieu de développer une économie au service des besoins de la population et créatrice d’emplois nouveaux, on fait des cadeaux aux grands patrons ! Politiquement, le scénario est cousu de fil blanc : les socialistes voteront les intérêts notionnels les yeux fermés. Dans deux ans, ils pousseront des cris contre les dérives et les abus de cette mesure (anti)fiscale. Mais ils ne pourront pas dire qu’on ne les avait pas prévenus.
15-01-2014
Le pouvoir d’achat est un salami
Nous sommes en crise et il faut faire des économies. L’époque de l’arrosage à l’aveuglette est révolue. D’autant plus que nous Luxembourgeois et Luxembourgeoises, sommes les champions du monde des largesses sociales. Halte au gaspillage!
Ce genre de raisonnement n’est pas nouveau. Mais le nouveau gouvernement entend le mettre en musique concrètement. Deux idées s’entrechoquent: primo, celle qu’en temps de crise économique, il faut réduire les dépenses. Secundo, jouer sur la mauvaise conscience collective d’un gaspillage dont nous profiterions tous, mais qui doit avoir des limites.
Mais bon, tout n’est pas aussi facile.
Pour l’instant, il n’est pas encore très facile d’y voir clair dans les intentions de la coalition DP-LSAP-Gréng (allez, on arrête de l’appeler « Gambie », ce pays n’y est pour rien).
Pour l’instant, ils « calculent », ils « consultent ». Normal, direz-vous, la plupart des ministres sont nouveaux. Sauf que les administrations, elles, ne le sont pas. On va donc dire qu’ils doivent mettre un certains temps à faire passer des pilules antisociales. Et ça, ça ne s’improvise pas.
Le calcul des pilules amères
Une des rares chose qui vient d’être confirmée, c’est la hausse de la TVA, dont on sait qu’il s’agit d’un impôt injuste puisqu’il n’est pas progressif et que riche ou pauvre paie le montant. Pour un salaire de 2.000 euros, 50 euros valent plus que pour un salaire de 6.000 euros.
Aujourd’hui, nous apprenons par la voix du président du LSAP, Alex Bodry, que le taux d’imposition maximal (le fameux « Spëtzesteiersaz ») sera augmenté. C’est une nouvelle, car si ce point était bien présent dans le programme du LSAP, aussi bien le Premier ministre Xavier Bettel que la bourgmestre de la capitale et ancienne dirigeante du DP, Lydie Polfer, avaient assuré, en bons libéraux, que « l’impôt est du poison pour l’économie ».
Il se pourrait donc que les socialistes commencent à prendre conscience du caractère antisocial du gouvernement dans lequel ils se sont installés. Il fallait donc vite ramener un peu la barre à gauche. Cette mesure a-t-elle été discutée au sein de la coalition? Les socialistes font-ils pression sur le DP?
Le taux d’impôt maximal: la contrepartie?
Cette annonce tombe également à un moment où la ministre (libérale elle aussi) de la Famille, Corinne Cahen, commence elle aussi à dessiner des contours de sa politique sociale en matière de toutes sortes d’allocations. Difficile là aussi encore de dire avec exactitude jusqu’où le gouvernement veut aller. Ce matin encore, l’OGBL a publié un communiqué de presse conjoint avec le ministère suite à un premier échange de vues. Pour l’instant, la ministre ne cherche pas le conflit, se veut rassurante. L’OGBL ne semble pas trop alarmé mais reste sur ses gardes.
Toutefois, en matière d’allocations familiales, la ministre, comme on a pu l’entendre après les incessantes questions de Sascha Georges sur RTL (bonne interview, soit dit en passant!), tout indique qu’elles seront revues… à la baisse. La ministre a beau insister que l’on ne peut rien enlever à un enfant qui n’est « même pas encore en route » (puisque la nouvelle réglementation ne devrait entrer en vigueur qu’à partir du 1er janvier 2015), elle avoue donc que ce sera moins que s’il était né un an plus tôt.
Nous n’allons pas nous attarder dans cet article sur logique erronée qui impose de faire des économies en temps de crise, cela nous mènerait trop loin.
Si les socialistes réussissaient en effet à faire passer l’idée d’une augmentation du taux d’impôt maximal (encore faudrait-il savoir de combien), nous n’en sommes pas encore à plus de justice sociale. A quoi serviraient ces recettes supplémentaires? Prendre à celles et ceux qui ont plus (et il ne s’agit même pas encore des grandes sociétés qui réalisent d’énormes bénéfices), c’est très bien, mais à quoi bon si celles et ceux qui ont moins n’en profitent pas? La logique pourrait même être perverse: faire passer à la caisse ceux qui gagnent plus pour mieux justifier la mise à contribution des revenus plus modestes.
Prendre (un peu) aux riches pour mieux prendre aux pauvres
Mais il ne faut pas s’attendre du gouvernement qu’il fasse subir au pays au cure d’austérité brutale. Il passera « en douceur », mesurette après mesurette. Pour certains, l’augmentation de la TVA de deux points peut paraître supportable. Enfin, à mesure que vous gagnerez plus, vous la supporterez plus. Le gouvernement a beau être tout neuf, le ministre des Finances Pierre Gramegna n’est pas tombé de la dernière pluie. Ainsi, certains taux ne seront pas augmentés, comme le taux « super réduit », fixé à 3 %, et qui concerne notamment les biens à l’alimentation et les médicaments. L’augmentation de 2 % concernera donc le « taux réduit », qui passera de 6 à 8 % et qui concerne des biens tout aussi courants que l’électricité ou le chauffage, le coiffeur ou… les réparations de vélos (merci pour la mobilité douce). Finalement, le « taux médian » augmentera aussi, de 12 à 14 %: concernés sont des produits tels que les articles de ménage, mais aussi certaines boissons alcoolisées.
Ceci dit, il ne faudrait pas oublier un petit « détail »: une augmentation de la TVA, cela signifie une augmentation de l’inflation, puisque les prix augmenteront. Pas de problème, nous avons toujours l’index qui le compensera. Mais voilà, le nouvel index ne le compense plus complètement et d’autres manipulations sont à prévoir (ah, si seulement ce gouvernement était clair sur sa politique économique, il serait plus facile d’écrire cet article!).
Un peu + un peu + un peu, ça fait beaucoup
Il n’y a pas si longtemps, quelques mois auparavant, les tickets de bus ont été augmentés (passant à l’unité de 1,50 à 2 euros). Encore une petite augmentation. Certes, cette décision fut prise par le gouvernement précédent, mais rien n’indique que l’actuelle coalition n’aurait pas fait de même. Ces « légères » augmentations (transports publics, allocations familiales et autres aides, TVA, manipulation de l’index…), ne font que s’accumuler et contribuent à l’appauvrissement réel et graduel de la population, ainsi que de la baisse du pouvoir d’achat. Une accumulation d’impacts sur le pouvoir d’achat dont vous pourrez être certains que vous les ressentirez. Et encore, nous ne connaissons pas tout.
08-01-2014
Merci M. Monti!
Parfois l’adversaire de classe dévoile ses intentions d’une manière tellement claire qu’il nous aide. C’est le cas de Mario Monti, qui se rend ainsi pour une fois utile. Nous, la gauche européenne, avons beaucoup argumenté et mobilisé contre l’austérité, à juste titre. Mais la politique des instances dirigeantes de l’Union européenne et des gouvernements nationaux ne s’est jamais réduite à cela. L’austérité a toujours été liée à des réformes structurelles. Et ce sont ces dernières qui sont les plus importantes, comme le souligne Monti. Car les coupes budgétaires et les réductions de salaires et de pensions ne sont que la première étape. Les réformes structurelles, dont l’objectif est rien de moins que le démantèlement de l’Etat social, sont beaucoup plus fondamentales. C’est ce que souligne Monti dans un article du Financial Times. Au passage il montre bien le rapport entre l’Europe et le national. Voici ce qu’il écrit :
« L’Europe fournit moins d’aide sur la tâche la plus importante : les réformes structurelles. L’Union monétaire européenne a mis l’accent sur la réalisation de la discipline budgétaire. En fin de compte, il s’agit d’une règle simple : si vous rencontrez une plus forte opposition à des réformes structurelles au niveau national, et si vous recevez moins de soutien de l’Europe sur ce point que sur la consolidation budgétaire, il est probable que vous ferez moins de progrès sur les réformes structurelles. C’est pourquoi je me félicite de la récente réorientation de la politique européenne – non pas en s’écartant de la discipline budgétaire, mais en mettant l’accent sur des recommandations concernant des réformes structurelles adaptées à la situation de chaque pays, par exemple pour rendre les marchés du travail plus flexibles. Quand j’étais membre du Conseil européen, je défendais l’idée que la voie à suivre était celle d’arrangements contractuels entre la Commission et chaque pays sur des réformes spécifiques. Cela renforce l’influence de l’UE sur les gouvernements et renforce la main de chaque gouvernement par rapport à des groupes organisés au niveau national, tout cela dans l’intérêt de la réalisation de réformes structurelles. Couplé avec des mécanismes pour faciliter le financement des réformes dans les pays qui sont encore confrontés à des coûts de crédit élevés, mais qui poursuivent les politiques recommandées par l’UE, ces arrangements peuvent aider à pousser l’Europe vers de nouvelles réformes pour promouvoir la croissance et l’emploi. Le Conseil européen des 19-20 décembre, je l’espère, approuvera cela ».
Le petit manuel du casseur
C‘est assez clair mais il n’est pas inutile de mettre les points sur les « i ». Pour « discipline budgétaire », lire austérité. Pour « rendre les marchés du travail plus flexibles », lire détruire toute la législation de défense des salariés, limitations du temps de travail ou des conventions collectives et bien plus encore. Monti a mis l’accent sur le marché du travail. Il aurait aussi bien pu parler de réformes des retraites dont le but ultime est l’introduction de pensions privées. Il aurait également pu évoquer la privatisation de la santé, voire encore la soumission de l’enseignement aux besoins des entreprises.
Surtout, soulignons la façon dont il met l’accent sur le rôle de l’UE. Chaque gouvernement national est obligé de prendre en compte les rapports de classes dans son pays, c’est-à-dire la force de l’opposition à ses projets. Le rôle de l’UE est de mettre son poids dans la balance pour peser sur ces rapports de forces, pour renforcer le gouvernement et le patronat dans un pays donné. Les grandes décisions sont prises par le Conseil européen, qui rassemble les chefs d’Etat et de gouvernement et sont exécutées par la Commission européenne – même si dans les faits, la distinction n’est pas toujours aussi claire. Au-delà des conflits qui peuvent surgir entre eux, ces gens-là font preuve d’une vraie solidarité de classe. C’est d’ailleurs ce que la gauche et le mouvement populaire doivent faire. C’est le sens de l’orientation du Parti de la gauche européenne pour construire un front politique et social au niveau européen.
En ce qui concerne les « arrangements contractuels », les vœux de Monti n’ont pas été exaucés au dernier Conseil européen. La proposition a été défendue avec beaucoup d’opiniâtreté par Angela Merkel mais elle a rencontré de la part de plusieurs gouvernements semble-t-il, de fortes résistances à des limitations supplémentaires de leur souveraineté. Elle n’a pourtant pas été abandonnée, mais renvoyée au mois d’octobre 2014, bien après les élections européennes. Rien n’indique pourtant que Merkel renonce à son projet.
07-01-2014
Gauche européenne: le saut qualitatif
Du 13 au 15 décembre 2013 s’est tenu à Madrid le 4e Congrès du Parti de la gauche européenne (PGE). Quelque trois cents délégués des 33 partis membres et observateurs, ainsi que de nombreux invités de partis, organisations et mouvements progressistes, y ont assisté. Les orientations du PGE pour les élections européennes de mai 2014 ont fait l’objet de discussions et de décisions. La volonté de rupture avec les politiques austéritaires, indépendamment des formes concrètes qu’elles peuvent prendre dans les différents pays, a été réaffirmée avec force. Ce congrès fera date dans l’histoire du parti dont la gauche radicale européenne s’est doté il y a à peine dix ans.
Dix ans ne représentent qu’un court laps de temps. Ils ont cependant suffi au PGE pour devenir un acteur incontournable de la scène politique internationale. En témoigne la présence au congrès d’Álvaro García Linera, vice-président de l’État plurinational de Bolivie. Le discours de ce dernier a incontestablement été un des moments forts de ce congrès. Le vice-président bolivien a exhorté les peuples européens à dépasser l’état de léthargie dans lequel ils ont sombré et à renouer avec les rébellions, révolutions et messages universalistes, qui par le passé ont fait la grandeur de l’Europe.
Une grande signification politique revêt la présence au 4e Congrès du PGE de la Confédération européenne des syndicats (CES) au plus haut niveau – une première dans l’histoire du PGE. Tant le président de la CES, Ignacio Fernández Toxo, que la secrétaire générale Bernadette Ségol, se sont adressés aux délégués et aux invités présents à Madrid pour décrire la situation accablante que vivent aujourd’hui les salariés européens, à commencer par les 27 millions d’hommes et de femmes actuellement au chômage dans l’Union européenne et pour présenter leurs alternatives à la Troïka en matière de politiques économiques et sociales. Le congrès a connu beaucoup d’autres moments forts, notamment les interventions de représentants de peuples en lutte, venant des quatre coins du monde: Colombie, Venezuela, Cuba, Tunisie, Égypte, Palestine…
Un congrès de l’unité
Incontestablement, le 4e Congrès du PGE a été celui de l’unité. Le document politique «Unir pour une alternative de gauche en Europe», qui est certainement le document de congrès dans la jeune histoire du PGE le plus accentué dans la dénonciation des orientations capitalistes et impérialistes de l’Union européenne et dans l’opposition à ses traités et institutions existants, a été adopté par les délégués à une majorité de 93 %. Les axes programmatiques pour les élections européennes de mai 2014, conçues comme document de travail que les partis nationaux devront concrétiser en tenant compte des spécificités de chaque situation nationale, l’ont été à une majorité de 86 %. Pierre Laurent, secrétaire national du Parti communiste français, a été reconduit dans la fonction de président du PGE par plus de 78 % des délégués. Les vice-présidents du PGE Marisa Matias, Margarita Mileva, Maite Mola et Alexis Tsipras, ainsi que le trésorier Diether Dehm, ont également obtenu des scores très élevés.
Une des décisions les plus importantes du congrès a été la désignation d’Alexis Tsipras comme candidat du PGE à la présidence de la Commission européenne. Cette candidature, présentée dans le cadre de la campagne pour les élections européennes de mai 2014, ne doit cependant pas être comprise comme un ralliement aux institutions non démocratiques de l’actuelle Union européenne.
Dans son discours d’ouverture du congrès du PGE, Pierre Laurent a apporté les clarifications nécessaires en rappelant la résolution du Conseil des Présidents du PGE à ce propos: «Le Conseil des Présidents a discuté de la possibilité de présenter un candidat commun à la Présidence de la Commission européenne. Le PGE ne croit pas que cette disposition nouvelle soit de nature à démocratiser l’Union européenne. Elle ne masquera pas, comme l’espèrent les dirigeants européens de la Troïka, leur autoritarisme. (…) Il n’y a pourtant aucune raison, lors de la campagne électorale, de laisser le monopole de la parole aux forces responsables de la crise. Les peuples, les travailleurs, toutes celles et ceux qui luttent contre l’austérité et pour une refondation de l’Europe doivent avoir un porte-voix. Pour le PGE, cette candidature serait un symbole fort d’espoir pour l’Europe. La Grèce a servi de cobaye aux politiques d’austérité. Mais la Grèce a résisté et résiste encore. Syriza, le parti dont Alexis Tsipras est le président, a su rassembler le peuple grec contre les memoranda barbares et l’autoritarisme et pour un redressement de la Grèce dans une Europe solidaire. La voix d’Alexis Tsipras serait donc celle de la résistance et de l’espoir face aux politiques ultra-libérales et face à la menace de l’extrême droite. Cette candidature pourrait rassembler de nombreux citoyens et de nombreuses forces politiques.»
Le ralliement à la candidature d’Alexis Tsipras annoncée aux congressistes réunis à Madrid par Jonas Sjöstedt, le président du parti de gauche suédois Vänsterpartiet, en a encore souligné la grande valeur symbolique. Le Vänsterpartiet est actuellement crédité dans les sondages d’un score de 8 % aux prochaines élections générales suédoises prévues pour septembre 2014. Pour mesurer à sa juste valeur l’importance de cette décision, il faut se rappeler que la sensibilité gauche verte nordique avait au début pris beaucoup de distance avec le projet de construction d’un parti de gauche européen.
Il faut également insister sur l’ambiance du congrès. Au fil des dix ans de son existence, le PGE s’est transformé progressivement d’une union de partis frères nationaux en un parti européen, qui a comme ambition de refonder l’Europe sur des bases totalement opposées à l’actuelle construction de l’Union européenne au service des seuls intérêts du capitalisme financiarisé. Une ambiance de fraternité, qui commence à transcender la diversité des cultures politiques ayant convergé dans le PGE, s’est installée. Les votes sur les documents politiques, ainsi que les élections aux fonctions dirigeantes du parti, qui font apparaître des majorités et minorités fluctuantes, sont devenus une méthode de travail normale. Au cours des premières années de l’existence du PGE, il en allait encore autrement. Au congrès de Madrid, les résultats des votes ont même été parfois très serrés. Tel était le cas pour les votes sur les motions relatives à l’écosocialisme et sur les structures féministes, dont le PGE devrait se doter.
Tout en prenant acte avec satisfaction des progrès démocratiques réalisés dans la vie interne du PGE, on doit cependant convenir que la méthode de travail basée sur le consensus devra prévaloir à l’avenir. C’est cette méthode qui a fait ses preuves depuis les premières concertations entre partis frères nationaux en vue de fonder un sujet politique européen, il y a une dizaine d’années. Mieux vaut marcher plus lentement, mais continuer le chemin ensemble en plus grand nombre! Dans le cas du PGE, le bien-fondé de cette approche s’est vérifié tout au long de ses dix années d’existence. Qui plus est, elle n’a pas été un obstacle aux progrès continuels réalisés dans la perception collective des défis européens qui se posent à la gauche radicale. La grande unité constatée à Madrid est précisément le résultat d’un processus d’une année, au cours duquel les partis membres et observateurs du PGE ont préparé le 4e Congrès de façon collective et consensuelle, tout en s’enrichissant mutuellement.
Après le congrès de Madrid, le PGE est en ordre de bataille pour entamer une année importante avec en ligne de mire les élections européennes. La candidature d’Alexis Tsipras à la présidence de la Commission européenne en dit long sur les nouvelles ambitions du PGE pour construire une autre Europe. Au printemps déjà, le PGE organisera à Bruxelles une conférence sur la restructuration des dettes publiques. Cette conférence, qui sera largement ouverte aux forces politiques et syndicales, mouvements sociaux et milieux universitaires progressistes, devra défricher des pistes pour briser le cercle vicieux des politiques austéritaires imposées à l’Europe par la Troïka. Évidemment, le PGE s’engagera, tout au long de l’année, dans la «mère de toutes les batailles» contre le grand marché transatlantique entre l’Union européenne et les États-Unis, qui fait planer un danger mortel sur le modèle social européen tel qu’il subsiste encore. Enfin, le PGE se propose d’organiser à l’avenir chaque année un «Forum européen des alternatives», conçu comme nouvel espace de convergences progressistes avec toutes les forces politiques, syndicales et sociales, qui y sont disponibles. Une première édition de ce forum est prévue pour l’automne.
Retour en arrière
En se rappelant les origines du PGE, on doit regretter que la méthode de travail basée sur le consensus n’ait pas toujours été appliquée avec assez de conséquence. Il en est résulté des blessures, qui, jusqu’à ce jour, tardent à cicatriser complètement. On s’en est bien rendu compte en écoutant attentivement les interventions à Madrid des représentants de partis communistes, jouissant d’une grande représentativité dans leur paysage politique national, tel le Parti communiste de Bohême et Moravie (République tchèque) et le parti chypriote AKEL. Le fait que ces partis ont gardé jusqu’à ce jour le statut de parti observateur résulte des difficultés surgies au cours de la période de fondation du PGE.
À cette époque, l’interprétation du concept de «stalinisme» faisait débat et les avis divergeaient sur la vitesse avec laquelle on devait avancer dans la construction du nouveau sujet politique européen. Évidemment, on ne pouvait transiger sur la nécessaire rupture avec les néfastes pratiques staliniennes, qui, au cours du siècle passé, ont causé d’innombrables torts au mouvement ouvrier. De même, on ne pouvait pas prolonger indéfiniment le processus de formation du nouveau sujet politique européen sans courir le risque de faire échouer tout le projet. Il n’est non moins vrai qu’en agissant avec plus de circonspection lors de la fondation du PGE, on aurait pu éviter certaines controverses dont les conséquences négatives se font ressentir jusqu’à ce jour.
Il faut bien se rendre compte que la tâche entreprise il y a une dizaine d’années, consistant à rassembler dans une maison européenne commune des partis politiques aux orientations idéologiques et aux traditions et cultures politiques très diverses, représentait un défi énorme. Trouver un consensus entre partis communistes, socialistes de gauche et rouges-verts et dépasser l’antinomie stérile entre «stalinisme» et «trotskisme» étaient déjà en soi une entreprise difficile. Mais, au-delà de toutes les différenciations idéologiques, il fallait également rassembler des forces politiques qui avaient des vues différentes sur l’Union européenne et ses institutions.
Le point de départ du processus innovant entrepris à l’époque consistait dans la prise de conscience qu’indépendamment de l’analyse concrète qu’on pouvait faire de l’Union européenne, il ne suffisait plus de s’opposer aux contre-réformes néolibérales et de lutter pour une alternative sociale et écologique au seul niveau de l’État national. La gauche radicale était désormais obligée d’affronter les bourgeoisies européennes sur le terrain privilégié qu’elles avaient choisi pour renverser les rapports de forces en leur faveur et annuler les conquêtes sociales du mouvement ouvrier obtenues au cours de la période historique précédente. Il fallait impérativement étendre la lutte des classes au niveau européen. Ce terrain politique ne devait pas être abandonné aux seules forces conservatrices, libérales et sociales-démocrates. La gauche radicale y devait peser de tout son poids en regroupant au sein d’une formation politique supranationale, dans la mesure du possible, tous les partis situés à gauche de la social-démocratie qui disposaient d’une assise électorale dans les différents pays européens.
Controverses
Il faut aussi revenir sur certaines controverses suscitées à Madrid par la délégation du Parti de gauche français (PG). La première de ces controverses renvoyait au concept d’«écosocialisme». Avec 48 % de votes pour et 43 % contre, la motion sur les questions écologiques proposée par le PG, conjointement avec l’Alliance rouge-verte (Danemark), Syriza (Grèce), le Bloco de Esquerda (Portugal) et Die Linke (Allemagne), a été approuvée par le congrès. La motion a donné lieu à un débat contradictoire non pas à cause de son contenu, mais à cause de la volonté d’imposer au PGE dans son ensemble le concept d’«écosocialisme». Sur les idées fortes de la motion, un consensus beaucoup plus large aurait pu être atteint: la nécessité d’une transformation socialiste de la société allant de pair avec une transition écologique et énergétique; la dénonciation du productivisme capitaliste, qui met en danger notre écosystème et les bases mêmes de la civilisation humaine; la critique du consumérisme et l’affirmation de la nécessité d’un partage équitable des richesses produites aujourd’hui, en opposition à la course effrénée vers toujours plus de croissance économique comme préalable à une «redistribution des richesses», qui en fait ne fait qu’augmenter les inégalités sociales; l’insistance sur la nécessité d’une planification écologique, du développement de formes diverses de propriété collective et du contrôle exercé par les travailleurs et les usagers sur les moyens de production. C’est le mot «écosocialisme» qui a suscité des oppositions. Certains partis membres du PGE ne reprennent pas à leur compte le concept d’«écosocialisme», tout en partageant largement les analyses contenues dans la motion. N’aurait-il donc pas été plus efficace, dans le cadre des choix programmatiques à assumer par le PGE dans son ensemble, de renoncer au concept idéologique d’«écosocialisme», afin d’aboutir à un consensus beaucoup plus large sur les contenus concrets?
L’opposition réitérée par la délégation du PG à la reconduction de Pierre Laurent à la tête du PGE a été à l’origine d’une autre controverse. Dans son intervention en session plénière du congrès, François Delapierre, secrétaire national du PG, a motivé une nouvelle fois cette position en invoquant l’alliance du PCF avec le PS français dès le premier tour aux élections municipales de mars 2014 dans un certain nombre de villes et en insistant en particulier sur la situation créée à Paris. Il a cependant dû concéder que sur ce sujet le PG n’était suivi par aucun autre parti.
Malgré ce constat, le PG a annoncé en fin de congrès qu’il allait suspendre sa participation au PGE jusqu’aux élections municipales. Un grand nombre de délégués ont accueilli cette annonce avec désapprobation. Comme il ressort d’un billet de blog rédigé à ce sujet par Éric Coquerel, secrétaire national du PG lui aussi, cette décision ne devrait avoir qu’un caractère tout à fait symbolique: «Pour autant, la décision de suspendre de façon provisoire notre participation au PGE a été prise. Jusqu’aux municipales très exactement, soit 4 mois. C’est en quelque sorte une suspension conservatoire.»
«Une suspension conservatoire»
Il n’en reste pas moins que cette façon de procéder est contestable. Avec le respect dû à la grande nation française, qui a apporté tant de progrès de civilisation à l’humanité toute entière depuis la Révolution de 1789, posons-nous la question suivante: Quelle est l’incidence des élections municipales à Paris sur l’Europe prise dans son ensemble? Pierre Laurent a été un très bon président depuis sa première élection au 3e congrès du PGE à Paris en 2010. Depuis lors, le PGE n’a fait aucune concession au social-libéralisme. Tout au contraire! Il n’a fait que progresser dans ses analyses de l’Europe capitaliste – collectivement et dans l’unité! C’est également le cas pour l’approfondissement d’une stratégie de désobéissance vis-à-vis de l’Union européenne et de ses traités néolibéraux.
Quant au débat de fond qui agite actuellement le Front de gauche, il faut convenir qu’il dépasse de loin les frontières françaises. À ce jour, une réponse définitive n’a pas pu y être apportée. Partout en Europe, la gauche radicale doit assumer les contradictions provenant des deux stratégies suivantes: «se positionner en autonomie conquérante» respectivement «devenir le centre de gravité de la gauche toute entière». Comme sur beaucoup d’autres sujets, aucune dichotomie noir-blanc n’est de mise ici! Il faut sortir par le haut de ce débat. Une gauche radicale moderne se doit d’assurer une dialectique qui prend en compte la complémentarité des deux stratégies et non de leur irréductibilité.
Laissons le mot de la fin à Éric Coquerel. Dans le billet de blog cité plus haut, il écrit: «Cela nous oblige […] à politiser nos discussions, à les dégager des facilités de la polémique gratuite, et à chercher en toute occasion les équilibres à même de préserver notre unité. Cette unité qui doit être protégée comme notre plus grand acquis, car elle fut (et elle reste) aux fondements de tous nos succès des quatre années écoulées, de notre percée au premier tour de l’élection présidentielle, de la place incontournable que nous occupons sur le champ de la gauche française.» En effet, les peuples européens, qui sont confrontés à la pire crise du capitalisme depuis la Grande Dépression de 1929, ont besoin d’une gauche européenne unie – et, en France, d’un Front de gauche qui l’est tout autant!
18-12-2013
Retour sur les élections municipales à Paris
Sans aucun doute eût-il été préférable que les adhérents parisiens du Parti communiste français (PCF) aient voté pour une liste autonome du Front de gauche au premier tour des élections municipales de mars 2014. Le fait qu’ils aient voté à 57 % pour des listes communes avec le Parti socialiste dès le premier tour doit cependant être accepté comme expression démocratique de la base du PCF à Paris.
Remarquons que la discussion ne porte que sur le premier tour, alors que le système électoral français impose à la gauche de se rassembler de façon très large au deuxième tour, si elle veut s’imposer face à la droite et à l’extrême droite. Et prenons acte du fait que dans l’essentiel des villes de plus de 20.000 habitants, dont Marseille, Nice, Bordeaux, Lille, Strasbourg, Nîmes, Metz, Le Havre, ou encore Lyon – dans ce dernier cas la base du PCF a voté contre les consignes de sa direction – le Front de gauche dans son ensemble est au cœur de rassemblements à gauche de la social-démocratie.
Mais revenons un instant sur la situation créée à Paris. À décharge de la fédération de Paris du PCF, on peut invoquer les importantes concessions qu’Anne Hidalgo, candidate socialiste à la Mairie de Paris, a dû faire.
Ainsi, en cas de victoire, le PCF obtiendra substantiellement plus de postes de conseillers de Paris, de conseillers d’arrondissement et de maires adjoints. Une augmentation du nombre d’élus locaux communistes est toujours une garantie pour une plus grande prise en compte des besoins et des droits sociaux des travailleurs français. D’ailleurs au niveau programmatique, les communistes parisiens ont su imposer des objectifs ambitieux, tel que la construction de 30 % de logements sociaux à Paris à l’horizon de 2030 ou encore la gratuité des premiers m3 d’eau.
Meeting Place au Peuple à Paris, discours de… par lepartidegauche
Cependant, tous les arguments qu’on peut avancer pour justifier le choix des communistes parisiens ne contrebalancent pas les inconvénients. Objectivement, on doit constater que le changement dans les rapports de force, qui a permis au PCF de tirer son épingle du jeu, résulte de l’émergence du Front de gauche sur la scène politique française suite à la formidable campagne présidentielle de Jean-Luc Mélenchon en 2012.
Mais le principal inconvénient de la situation créée à Paris est la dilution du message politique du Front de gauche dans la capitale française, donc aussi au niveau national. En effet, même s’il ne s’agit que d’élections municipales, celles-ci, pour des raisons évidentes, ne peuvent pas se réduire à une dimension purement locale à Paris. Au moment où la politique néolibérale du président «socialiste» François Hollande risque d’entraîner la gauche, bien au-delà de la seule social-démocratie, dans le discrédit, la confusion provoquée à Paris ne contribuera certainement pas à éclaircir les enjeux politiques. On doit donc constater avec regret qu’il ne reviendra qu’aux seules listes «À Paris, place au peuple!» constituées par le Parti de gauche derrière sa chef de file Danielle Simonnet et la majorité des composantes du Front de gauche, à défendre une authentique alternative sociale et écologique.
Sortir par le haut d’une phase difficile
Au vu des contradictions apparues à l’occasion des élections municipales, toutes les formations politiques qui constituent le Front de gauche, sont appelées à agir avec un grand sens des responsabilités afin de sortir par le haut de cette phase difficile et d’aborder de la meilleure façon possible, ensemble avec leurs alliés européens regroupés dans le Parti de la gauche européenne, les élections européennes de mai 2014. L’enjeu de ces dernières sera cette fois-ci particulièrement important, alors que l’Europe est frappée de plein fouet par la crise du capitalisme financiarisé.
Et il appartiendra au Front de gauche dans son ensemble d’apporter des solutions aux problèmes non résolus à ce jour. Mentionnons la relative stagnation de ses résultats électoraux après la séquence euphorisante des présidentielles de 2012, la nécessaire reconquête du vote populaire face à la dangereuse pénétration des idées du Front national au sein de la classe ouvrière ou encore la bonne façon de s’adresser à ces nombreux militants et sympathisants du Parti socialiste, qui, tout en devenant de plus en plus critiques avec la politique gouvernementale, ne reconnaissent pas encore une alternative de gauche crédible à leurs yeux.
Aucun repli sectaire n’aidera à résoudre ces problèmes vitaux pour la gauche radicale en France. Les solutions devront être trouvées dans une dialectique fructueuse entre d’une part l’approfondissement des réponses écosocialistes apportées à la crise systémique et d’autre part la nécessaire ouverture sur la société et l’élargissement du Front de gauche à de nouveaux milieux et couches populaires.
12-12-2013
Linke Politik in einer nichtrevolutionären Situation
Die Einsicht, dass wir uns gegenwärtig in Luxemburg und Europa weder in einer revolutionären noch in einer vorrevolutionären Situation befinden, dürfte auf allgemeine Zustimmung stoßen. Eine Revolution ist nicht in Sicht, abgesehen von einer innerkapitalistischen Revolution in Form von dynamischen technologischen Innovationen und Organisierung einer breiten gesellschaftlichen Zustimmung zur Vorherrschaft des Kapitals bis weit in die subalternen Klassen und Schichten hinein. Für eine solche Konstellation hat Antonio Gramsci den Begriff der « passiven Revolution » geprägt.
Auch wenn die linke Partei déi Lénk bei den Wahlen vom letzten 20. Oktober ihre Vertretung im Luxemburger Parlament erfreulicherweise von einem auf zwei Abgeordnete ausbauen konnte, wurden zu über 90% bürgerliche Parteien gewählt respektiv solche, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt das kapitalistische System nicht in Frage stellen. Die zwei antikapitalistischen Parteien déi Lénk und KPL erhielten zusammen nur etwa 6,6% der Wählerstimmen. Dieses Resultat verdeutlicht anschaulich die große Integrationsfähigkeit der herrschenden Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung.
Mit der neuen Mitte-links-Koalition, die jetzt antritt Luxemburg zu regieren, dürfte der heimische Kapitalismus seine Innovationsfähigkeit wieder einmal unter Beweis stellen. Fortschrittliche gesellschaftliche Reformen und eine Modernisierung der Institutionen des Luxemburger Staates sind zu erwarten. Gleichzeitig aber besteht das Risiko einer weiteren Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit zugunsten Ersterem und einer weiteren Umverteilung des produzierten Reichtums von unten nach oben.
Eine realistische Einschätzung des Kapitalismus
Modernisierungsschübe hat es in der Geschichte des Kapitalismus immer wieder gegeben. Nach der Sequenz der bürgerlich-demokratischen Revolutionen von 1848/1849 und nach der großen Wirtschaftskrise von 1857 folgte eine Epoche, in der der Kapitalismus sich stabil und dynamisch zum Imperialismus weiterentwickelte. Im Jahr 1859 stellte Karl Marx in seiner Schrift « Zur Kritik der politischen Ökonomie » fest: « Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann, denn genauer betrachtet wird sich stets finden, daß die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozeß ihres Werdens begriffen sind. »*
In der Vergangenheit haben Arbeiterparteien des Öfteren dieser Erkenntnis von Karl Marx nicht genügend Rechnung getragen. Im Geflecht der mannigfaltigen Ursachen dürfte hier eine angesiedelt sein, die eine Erklärung liefert sowohl für das Scheitern bisheriger Versuche über den Kapitalismus hinaus in eine sozialistische Zukunft zu gelangen, wie auch für die immer wieder in der Arbeiterbewegung entstehenden Illusionen den Himmel kurzfristig erstürmen zu können.
Schon Marx und Engels mussten sich in der Internationalen Arbeiterassoziation fortwährend mit Mitstreitern auseinandersetzen, die in einer nichtrevolutionären Situation eine Revolution durchführen wollten. Revolutionäre Ungeduld hat die Arbeiterbewegung seit Beginn begleitet. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird dem in Zukunft auch so sein!
Wann in Europa eine Epoche revolutionärer Umbrüche eintreten wird, kann man nicht voraussagen. Dass dies stattfinden wird, davon muss man allerdings ausgehen! Die in immer kürzeren Zeitabständen auftretenden Krisen des Kapitalismus deuten in diese Richtung. Jedoch müssen die Menschen, die heute lebenden sowie die zukünftigen Generationen lernen, dass die kleinste Messeinheit der Geschichte der Gesellschaftsformationen mindestens ein ganzes Jahrzehnt umfasst. Dieser Lernprozess ermöglicht es die gesellschaftlichen Entwicklungen, die im Leben eines Menschen stattfinden können, richtig einzuschätzen.
Linke Politik in der Gegenwart
Solche realistischen Einschätzungen stehen nicht im Widerspruch zu den großen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich im Hier und Heute für linke Politik eröffnen! Kurzfristig stellt sich den europäischen radikal-linken Parteien die Aufgabe, den in harten sozialen Auseinandersetzungen erreichten Kompromiss zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse gegen alle neoliberalen Angriffe erfolgreich zu verteidigen und auszubauen. Das allein ist schon, gemessen an einem Menschenleben, eine riesige Aufgabe!
Viele « Schützengräben » – Antonio Gramsci sprach vom « Stellungskrieg » in Bezug auf die Form des Klassenkampfes im modernen Kapitalismus mit seiner entwickelten Zivilgesellschaft – sind zu verteidigen, respektiv einzunehmen. Um einige zu nennen: Sicherung des Friedens gegen jeden imperialistischen Krieg; Bewahrung der natürlichen Umwelt gegen das ungezügelte Profitstreben; Verteidigung und Weiterentwicklung des demokratischen Rechtsstaates in Richtung einer immer größeren Integration der subalternen Klassen und Schichten sowie aller gesellschaftlichen Minderheiten; Verteidigung und Ausbau des Sozialstaates durch eine offensive Umverteilungspolitik von oben nach unten; Erkämpfung neuer demokratischer Rechte für die Belegschaften in den Betrieben; absolute Gleichstellung der Frauen gegen alle Überbleibsel patriarchaler Gesellschafts- und Denkstrukturen; kompromisslose ideologische und kulturelle Auseinandersetzung mit fremdenfeindlichen und rassistischen Denkmustern, gegen die auch die subalternen Klassen und Schichten nicht immun sind; Ablehnung des europäischen Vertragswerkes in seiner heutigen Form und Neugründung der Europäischen Union als Antwort auf die Instrumentalisierung des europäischen Einigungsprozesses durch die herrschenden bürgerlichen Eliten zur Durchsetzung einer marktradikalen, auf Profitmaximierung und Renditesteigerung ausgerichteten Politik.
Und dann bliebe noch eine fundamental wichtige Aufgabe: das aufklärerische Wirken in der Gesellschaft zur Steigerung des politischen Bewusstseins der modernen Arbeiterklasse in Vorbereitung eines nächsten Anlaufs zur Überwindung des Kapitalismus und Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft, in der – soweit voraussehbar – die Prädominanz vielfältiger Formen von kollektivem Eigentum an den Produktionsmitteln, ökologische Planung und dezentralisierte politische Entscheidungen ineinandergreifen werden. Je schneller dieses aufklärerische Wirken Früchte tragen wird, desto erfolgreicher kann ein Abgleiten der menschlichen Zivilisation in moderne Formen der Barbarei verhindert werden!
* Karl Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie (1859), Vorwort, in: MEW 13, S. 9
06-12-2013
Prostitution – Legalisieren oder verbieten?
Dieses Dilemma findet man in den meisten kontroversen Diskussionen um die Prostitution wieder. Neu entfacht ist die Debatte in Deutschland mit einer Kampagne von Emma und einem « Appel gegen die Prostitution ». In Frankreich ist das « schwedische Modell » als Gesetzesänderung in der Diskussion. In Luxemburg fordert der nationale Frauenrat ein Gesetz nach dem schwedischen Modell.
Alice Schwarzer will dieProstitution verbieten, weil es sich um Sklaverei handelt. Sie vergleicht sie auch gerne mit Pädophilie: « … Deutschland … toleriert, ja fördert diese moderne Sklaverei (international « White slavery » genannt). Die Reform des Prostitutionsgesetzes 2002, die angeblich den geschätzt 700.000 Frauen (Mittelwert) in der Prostitution nutzen sollte, trägt die Handschrift der Frauenhändler und ihrer LobbyistInnen. Seither ist Deutschland zu Europas Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der Sextouristen aus den Nachbarländern geworden. Ein deutscher Sonderweg. Selbst die Niederlande rudern zurück. Die skandinavischen Länder haben schon vor Jahren die Ächtung und Bestrafung der Freier eingeführt. Und Frankreich und Irland sind im Begriff, es ihnen nachzutun. »
Das deutsche Gesetz hat die Prostitution als sexuelle Dienstleistungen als Erwerbsarbeit 2002 legalisiert, wodurch Verträge zwischen Sexarbeiterinnen und ihren Kunden Rechtsgültigkeit erhielten. Durch die Möglichkeit einer sozial versicherten Beschäftigung sollten die Frauen sozial integriert werden. Das hat dann auch dazu geführt, dass in Bordellen ausbeuterische « Flatrates » eingeführt wurden, die die große Koalition jetzt verbieten will. Das Gesetz jedoch als Machenschaft von Frauenhändlern zu erklären geht sehr weit und spricht außerdem den Frauen, die sich prostituieren jede eigenständige Meinung ab, da sie, wenn sie ihre Arbeitsbedingungen verbessern wollen ja doch nur für ihre Zuhälter sprechen!
De fakto Illegalität
In Schweden wiederum formuliert das Gesetz von 1999 eine Maßnahme gegen Gewalt an Frauen. Es sieht vor, dass nur die Freier – mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von einem Jahr – sanktioniert werden, nicht jedoch die Frauen. Dennoch treibe das Gesetz die Prostituierten de fakto in die Illegalität. Verschärfung finde dieser Umstand darin, dass auch das Vermieten oder zur Verfügung stellen von Räumen zur Prostitution verboten wurde, und die Einnahmen der Sexarbeiterinnen zwar steuerpflichtig wurden, aber weiterhin als « unehrenhaft » gelten.
Der auf die Initiative von Emma folgende « Appel für die Prostitution » des « Berufsverbandes sexuelle und erotische Dienstleistungen » ließ nicht lange auf sich warten. « Prostitution ist keine Sklaverei. Prostitution ist eine berufliche Tätigkeit, bei der sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden. Ein solches Geschäft beruht auf Freiwilligkeit. Gibt es keine Einwilligung zu sexuellen Handlungen, so handelt es sich nicht um Prostitution. Denn Sex gegen den Willen der Beteiligten ist Vergewaltigung. Das ist auch dann ein Straftatbestand, wenn dabei Geld den Besitzer wechselt. »
Die « Gegenpetition » stellt konkrete Forderungen: Beteiligung von SexarbeiterInnen an politischen Prozessen, keine Ausweitung der Polizeibefugnisse, keine staatliche Überwachung oder Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten, keine Kriminalisierung der KundInnen, Aufklärung statt Verbote, zum Beispiel in Form von geförderten Weiterbildungsmaßnahmen für SexarbeiterInnen, Kampagnen gegen Stigmatisierung von Prostituierten sowie Bleiberechten und umfassender Unterstützung für Betroffene von Menschenhandel.
Noch ein Knackpunkt in den Diskussionen. Für Emma und Co gibt es keine « freiwillige » Prostitution. Das ist alles eine Chimäre. Frauenhandel, Drogenprostitution, Straßenstrich, freiwillige Prostitution, alles dasselbe. Es ist also falsch, laut Emma, einen Unterschied zu machen zwischen Zwangsprostitution und der Prostitution, denen Frauen nachgehen, die dies als Beruf sehen und damit ihr Auskommen haben, ohne Zuhälter … Das « System Prostitution » gehört abgeschafft!
« Ungefragt über ihre Köpfe zu bestimmen und ein Verbot zu verhängen, das ist zutiefst unfeministisch. »
Geld spielt natürlich eine große Rolle in der Diskussion. Sich für « sexuelle Dienstleistungen » bezahlen zu lassen ist für manche Frauen lukrativer als ein Job in der Kasse des Supermarktes, oder in einem anderen Beruf, wo außerdem auch sexuelle Übergriffe auf der Tagesordnung stehen. Die Diskussion um die Prostitution muss die Diskussion um die allgemeine Lage der Frauen in der Arbeitswelt mit in Betracht ziehen. Frauen sind in schlecht bezahlten Berufssparten und in den unteren Rängen der Arbeitshierarchien zu finden. Wenn eine Frau Karriere macht, wird hinter der Hand gemunkelt, sie hat sich « hochgeschlafen ». Frauen sind es, die mehrheitlich sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren bis hin zur Vergewaltigung. Solange diese Missachtung der Würde der Frauen am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft andauert ist es scheinheilig, Prostitution verbieten zu wollen.
Die eine wie die andere Position, Legalisierung oder Verbot, werden im Namen des Feminismus vertreten. Es gibt gute Gründe für die eine wie für die andere Position. In der europäischen Union gibt es sehr unterschiedliche Gesetzgebungen. Um endlich Licht in diesen Dschungel an widersprüchlichen Gesetzen zu bringen, wäre eine juristische Harmonisierung in ganz Europa wünschenswert, wobei der Fokus auf Liberalität liegen sollte, meinten Expertinnen, die sich am 5. November zu einem Podiumsgespräch in Wien trafen. Denn das Verbot dient den Frauen nicht. Das schwedische Modell habe viele Mängel. Die Abschaffung der Prostitution sei eine Illusion, es ginge auch um die Existenzsicherung dieser Frauen. Müsste nicht vielmehr überlegt werden, wie die Diskriminierungen bei Einkommen und Karriere abgeschafft werden, und auf welche Weise sonst noch Gleichstellung zu erreichen sei. Vielleicht werden sich dann Frauen in Zukunft nicht mehr prostituieren. Natürlich ist Prostitution Ausdruck patriarchaler Machtstrukturen. Dennoch müsse man die Frauen selbst entscheiden lassen, wenn sie dieser Tätigkeit nachgehen wollen. Ungefragt über ihre Köpfe zu bestimmen und ein Verbot zu verhängen, das ist zutiefst unfeministisch. Freie, sexuelle Entfaltung aller Menschen die sich nicht für Sex bezahlen lassen, sondern ihn genießen mit wem und wann sie wollen, dass ist Zukunftsmusik und wird wohl erst mit der Abschaffung des Geldes stattfinden können, in einer Gesellschaft wo es keine Diskriminierungen mehr gibt.
Quelle: www.diestandard.at