Die Artikel von: Mapk
Das Essen ist lecker, die Kunst ist fad!
Wenn sich Kunst selber auf den Arm nimmt, darf man sich dann als Kritiker erlauben ironische Kommentare über die Kunst zu machen?
(Eine nicht so ernst gemeinte Kunstkritik in der « post-närrischen » Jahreszeit.)
Jedem treuen Besucher des Casinos, in Luxemburg Stadt, wird wohl auch die Tendenz aufgefallen sein, dass die eigentliche Austellungfläche für zeitgenössische Kunst in regelmässigen Zeitabständen reduziert wurde, zugunsten einer grösseren Fläche für sogenannte « restaurative » Zwecke : Bar und Restaurant.
Frage :Ist es einfacher das Essen zu verdauen anstatt die Kunst?
Die Antwort lautet eindeutig : JA!
Den Beweis dafür liefert z.B eine kürzlich bei Schülerinnen einer 1re E (LGL) gemachten Umfrage. »Welche Kunstmuseen der Stadt Luxemburg sind dir bekannt ? »
Nur eine Schülerin von 25 bennante dabei das oben genannte Casino.
Eine Nachfrage an die Lehrer(innen) warum das denn so sei, ergab eine klare Antwort :
« wir gehen schon lange nicht mehr mit Schulklassen ins Casino, weil die dort gezeigte Kunst, Schüler und Schülerinnen weit überfordert und weil man oft selber als Lehrer seine Mühe hat die ausgestellten Werke intellektuel zu verdauen.
Eines steht fest. Gehen mehr Leute ins Museumscafé als ins Museum selbst,dann ist das Essen eben besser als die Kunst!
Im Informationsflyer zur Austellung « La commedia dell’arte :Kunst als Maskerade » wird dem Besucher folgendes vorgeschlagen :«possibilité de dîner au ca(fé)sino suite à la visite ». Wäre es hier nicht realistischer gewesen zu schreiben : » Possibilité de dîner au caf(é)sino sans aucune visite! »
Frage :Kann man schwer verdauliche Kunst besser in einem komfortablen Sessel geniessen?
JA!
Der Besuch der Austellung » La Commedia dell’Arte :Kunst als Maskerade », die zufällig gut in eine postnärrische Jahreszeit passt, da in diesem volkstümlichen Theater alle Schau-spieler Masken tragen, verlangt eine bessere Sitzgelegenheit. Und die hat man hier leider nicht. Man muss nähmlich ungefähr 60 Minuten auf einem unbequemen Hocker ausharren, um sich die vier Videoarbeiten von Alexander Glandien, Loïc Vanderstichelen , Jean-Paul Jacquet und Clara Thomine anzuschauen.
Die Sitzgelegenheiten in der Bar sind viel bequemer als jene in der sogenannten Blackbox. Nach einer Stunde nicht gerade spannender Visionierung der 4 Videoarbeiten, spürt man doch Schmerzen im unteren Rückenbereich. Ist das bewusst so gewollt, damit man sich nachher erleichtert in einem der komfortablen Designersesseln der Bar des sogenannten « Aquariums » nierderlassen kann um ein Glas Champagner zu geniessen ?
Frage :Ist Kunst bewusst oft so komplex dass man sich als Zuschauer dumm vorkommt und sich nachher den Katalog kaufen muss um zu verstehen was der Künstler uns im Grunde mitteilen wollte?
Auch hier lautet die Antwort : JA!
Es gibt zu dieser Austellung kein Buch aber ein kleines Faltblatt auf dem man nachlesen kann , dass die Videoarbeiten sich alle auf ironische Art und Weise mit dem Thema « the making of » von Kunst befassen.
Dass Kunst oft als Thema die Kunst selbst sein kann ist wohl nicht ganz neu. Die so-gennante Konzeptkunst der 70ger Jahren des letzten Jahrhunderts befasste sich bereits ausgiebig mit diesem Thema. Der Begriff « Tautologie » wurde in die Kunstwelt eingeführt. Nur wird das, im Falle dieser Austellung, nicht so intellektuell präsentiert, sondern eher mit einem humorvollem Unterton.
In diesen Videos geht es z.B um Preisverleihungen, ein wichtiger Bestandteil der Kunstszene die sich immer gerne selber feiert. (« Popcorn » von Clara Thomine).Es geht um Kunst ohne echte Konfrontation (« La nature » von Clara Thomine) und um die Vorbereitungen einer Austellung (« Making of », Alexander Glandien), die der Künstler für seine eigene Austellung verfilmte.In « La Cascade » von Loic Vanderstichelen wird sich über einen Kunstexperten lustig gemacht , der beauftragt wurde die Inventur der Sammlerstücke eines Museums zu machen, das vergrössert werden soll. Bei allen Videos werden stereotype Diskurse und Kommentare über Kunst karikaturiert.
Welch ein Genuss um einmal volkstümlicher über moderne, zeitgenössische Kunst reden zu dürfen.
Zum Abschluss darauf ein dreifach donnerndes Hellau ! Hellau ! Hellau !
Die E-Sektion ist ein junger Damenclub, die moderne Kunst ein alter Herrenclub!
Warum ist die E-Sektion in luxemburgischen Gymnasien nicht attraktiv genug für Schüler?
Seit der Gründung der E-Sektion vor gut 40 Jahren, scheint die Zahl der Schüler stetig zurück gegangen zu sein. Im Jahre 2017 kann man davon ausgehen, dass auf den meisten Kunstsektionen in unserem Lande 95% Schülerinnen und nur 5% Schüler eingeschrieben sind!
Diese Diskrepanz ist nicht gut für das Arbeitsklima in der Klasse selbst und schränkt die Lehrer bei der Suche nach geeigneten Thematiken auch eher ein.
Wie ist das zu erklären ?
Nun nach eigenen Aussagen der betroffenen Schülerinnen selbst, wird Schülern oft abgeraten sich für diese Sektion zu entscheiden.
Zu einem seitens der Eltern, weil viele von ihnen noch immer befürchten, dass man mit einem Diplom der E-Sektion später keinen guten Job finden würde.
Zum anderen aber auch seitens der Lehrerschaft selbst, was beweist dass das Fach Kunst noch immer seitens vieler « Kollegen und Kolleginnen » diskriminiert wird.
Die Schüler werden aber oft auch von ihren eigenen Mitschülern gehänselt, wenn sie ihr Interesse für diese Sektion offen zutage legen. Mit Argumenten « da wird ja nur ein wenig gepinselt », werden dann viele Schüler demotiviert, die an sich aber das nötige Talent besäßen um die Sektion erfolgreich ab- schließen zu können.
Das Argument, diese Sektion biete zu wenig handwerkliches, technisches und digitales und schrecke daher manch einen Schüler ab, ist sicherlich richtig. Hier müssten sich die verantwortlichen Lehrer mehr Gedanken machen und eine Änderung der Programme vornehmen. Kunst ist ja längst auch schon im digitalen Zeitalter angekommen!
Im Interview wurde von den Schülerinnen noch ein weiteres Argument gebracht. Die Sektion sei nicht männlich genug. Es würde zu viel Wert auf den Ausdruck von Emotionen gelegt , auf Imagination und Intuition.
95% Mädchen und 5% Jungen auf Kunstsektionen ist eine Tatsache, doch in der realen Kunstwelt ist es ganz genau umgekehrt! Sie wird bestimmt von 95% Künstlern und 5% Künstlerinnen.
Der amerikanische Kunstkritiker Jerry Saltz wunderte sich schon 2007 dass im MOMA (NY) nur 5-8 % Frauen ausstellen durften. 2010 gab es bei der Schau « Abstract Expressionism at the Museum of Modern Art » von 105 ausgestellten Werken nur 5 die von Frauen realisiert wurden. Die Bilderkollektion des Metropolitain Museum (NY) besteht zu 95 % aus Bildern von Künstlern und nur zu 5% aus Bildern von Künstlerinnen !
Retrospektiven von Künstlerinnen sind daher auch eher selten. 2016 zeigte das MOMA (NY) nur eine Retrospektive von einer Künstlerin. International bekannte Galerien stellen im Durchschnitt nur 10% Frauen aus. Und auch in den bekannten Kunstmagazinen sind Künstlerinnen immer noch stark unter- repräsentiert. Arbeiten von Künstlerinnen werden preislich auch noch immer unterbewertet. Bis heute hat noch kein Werk einer Künstlerin die Millionengrenze überschritten.
Warum ist das so ?
Die klassische Antwort lautet : Bildende Kunst war während Jahrtausenden immer eine reine Männerdomäne gewesen. Sie war immer männlich da sie meist mit der Idee von Macht verbunden war. Und Macht ist eine typisch männliche Eigenschaft. Künstler streben danach genauso machtvoll zu werden wie ihre Auftraggeber selbst : Fürsten, Könige oder Päpste.
Frauen kamen erst später in den Kunstbetrieb. In Deutschland war das erst seit dem Beginn der Weimarer Republik der Fall. Bis dahin war es den Frauen untersagt ein Studium auf der Akademie der Künste anzufangen.(dieses Verbot wurde dann später von den Nazis wieder eingeführt !)
Kunst war früher eher ein handwerklicher Beruf, oft physisch sehr anstrengend, denkt man nur an die schwere bildhauerische Arbeit eines Michelangelos zurück.
Gibt es heutzutage dazu noch andere Ursachen?
Meist können Künstler sich meist auf längere, ununterbrochene Berufskarrieren berufen. Künstlerinnen dagegen müssen ihre Karriere oft wegen familiären Angelegenheiten (Schwangerschaft usw..) unter- brechen.
Sind Künstler sind im hart umkämpften internationalen Kunstmarkt meist besser gerüstet, da hier oft mit harten Bandagen gekämpft werden muss? Können sich besser verkaufen und sie sind hartnäckiger ?
Sicher ist, sie wollen eher berühmt werden als Frauen.
Künstlerfrauen finden meist nur Anerkennung wenn sie als Ausnahmeerscheinung angesehen werden können.
Sponsoren bevorteilen Künstler weil sie oft das Männlich, Kreative und Erfolgreiche symbolisieren.
So liebe Kunstlehrer und Kunstlehrerinnen. Ein guter Ratschlag. Kunststudium und Kunstbetrieb braucht mehr Gleichberechtigung. Daher macht eure Sektion attraktiver für männliche Bewerber und setzt euch für Gleichberichtigung im Mudam, Casino, und anderen kulturellen Institutionen ein. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Vielen Dank. (MAPK)
(Quellen: Emma: Artikel über die Gorilla Girls, 2016/ Interview mit SchülerInnnen der E-Sektion, LGL, 2017)
Wenn Sammler ihre Schatzkammern öffnen dann…?
Ein paar Gedanken über Raubkunst im Zusammenhang mit der Ausstellung «Buddha» in der Völklinger Hütte.
Noch bis zum 19. Februar kann man im «Europäischen Zentrum für Kunst und Industriekultur» Völklingen, 220 Meisterwerke buddhistischer Kunst bestaunen.
Dazu gäbe es Anlass einige belobende und einige kritische Bemerkungen zu machen.
Neben der Rarität und Qualität der Austellungsstücke, gilt es auch die gute pädagogische Aufarbeitung und Aufmachung der Austellung zu erwähnen.
So gibt es für den Laien neben jedem Kunstwerk ein Paneel mit verständlichen Informationen über Stil, Herkunft und Technik , jene Erläuterungen die so oft bei Austellungen mit aktueller Kunst fehlen und so Unverständniss und Kopfschütteln hervorrufen.
Doch es besteht die Gefahr, dass einem rückblickend beim Besuch der Austellung eher die imposante industrielle Architektur im Gedächtnis bleibt als die kleinen, präziösen und vergoldeten buddhistischen Skultpuren. Oder es könnte durchaus vorkommen, dass die Gedanken mehr an die Arbeiter gingen, die früher hier gearbeit haben, anstatt an die begrüssenswerte, friedfertige buddhistische Kunst und Religion.
Konzentriert man sich jedoch mehr auf die Austellungsstücke als auf den Austellungsraum, dann wird einem bewusst, dass buddhistische Kunst der westeuropäischen Kunst, zu dem Zeitpunkt, technisch hoch überlegen war.
Eine Tatsache die immer noch verschwiegen wird, denn aussereuropäische Kulturen stehen immer noch nicht auf dem Programm Kunsterziehung hierzulande .
Im Zeitalter der Mondialisierung fast undenkbar!
Die Arroganz jahrthundertlang andauernder Überlegenheit westlicher Kunst lässt sich eben nicht so schnell aus dem Gedächtnis verbannen. (die Bezeichnung «primitive Kunst» sagt hierzu alles)
Doch kommen wir zurück auf die eigentliche Problematik dieser Austellung.
Der Untertitel «Sammler öffnen ihre Schatzkammern» wirft nämlich die Frage auf warum diese Sammler, mit wenigen Ausnahmen, nicht im dazu veröffentlichen Katalog namentlich genannt werden?
Gibt es vielleicht einige Austellungsstücke bei denen es sich um Schmuggel oder Raubkunst handeln könnte. Denn oft geht die Zugehörigkeit der verebten Sammlerstücke auf 3-4 Generationen zurück .
Die entsprechenden Dokumente über deren rechtmässigen Kauf gibt es da wohl nicht mehr?
Offiziell gibt es hierzu dazu keine Stellungnahme seitens der Organisatoren.
Zweifel sind aber auch deswegen angebracht, da die meisten dieser Objekte aus ehemaligen europäischen Kolonien, wie z.B. Indien, Laos oder Vietnam stammen.
Kunstraub ist kein Kavaliersdelikt , war und muss noch immer geächtet werden (Napoleon sah es vielleicht ein wenig anders!) Ausserdem muss die berechtigte Frage nach der Rückgabe an die wahren Besitzer geklärt werden.
Doch Kunstraub ist heutzutage aktueller denn je!
«Zeit Online»(06.01/17) berichtet in einem Artikel von Günther Wessel «Die Beute des Abu Sajjaf», dass der IS seinen Terror auch mit Antikenschmuggel finanziert. Man fand beim IS-Führer Dokumente von 700 zum Kauf angebotenen antiken Objekten die teilweise aus dem Museum von Mossul stammen. Auch dort wo der IS nicht selber ausgräbt, vergibt er Lizenzen an Ausgräber die dann wiederum mindestens 20% als Steuer zurückzahlen müssen.
Schlimm ist allerdings auch die Tatsache, dass die meisten geraubten Antiken in europäischen Freihäfen jahrelang gelagert werden, um so ihre Verkaufsspuren zu verwischen.
Wieviel solcher gestohlener Schätze wohl im Freihafen auf dem Findel lagern?
Laut einem anderen Artikel in der «Zeit Online»(06.01/17) von Tobias Timm und Fritz Zimmermann, gibt es inDeutschland seit 2007 ein Gesetz zur Kulturgüterrückgabe, das aber noch zu keinen nennenswerten Rückgaben geführt hat.
Wie steht die Regierung in Luxemburg dazu?
Geschmacklose Kunst für den betuchten Bürger?
Ein Bericht über die erste «Art Fair» in Luxemburg.
Vom 6-11 Dezember 2016 fand die erste, diesjährige «Luxembourg Art Fair» statt.
80 internationale Galerien stellten in 2 Ausstellungshallen (Kirchberg) ihre Kunstwerke aus.
Gut organisiert, übersichtlich eingeteilt und zuvorkommende Galeriebesitzer erwartetendie Zuschauer, die eher zahlreich erschienen waren.
Bei so vielen unterschiedlichen Kunstarten und Stilen, musste man sich schon etwas mehr
Zeit nehmen um einen objektiven Überblick zu bekommen. Viel Figuratives und erstaunlich viel Skulpturales. Weniger Abstraktes, wenig Fotografie, digitale Kunst und Installationen.
Derjenige, der gerne die neuesten Kunstrichtungen oder neue junge Talente entdecken wollte, der wurde eher enttäuscht. Denn dies ist nicht prioritär das Ziel einer solchen Veranstaltung.
Hier geht es nämlich hauptsächlich um das Umwerben von Käufern, meist Investoren und um das finanzielle Überleben von Galerien. Machen doch statistisch gesehen die meisten Galerien Defizit.
Der Standort Luxemburg bat so eine gute Gelegenheit die finanzielle Not der Galeristen etwas zu lindern.
Der Veranstalter spricht im Vorwort seines Kataloges von Luxemburg «as a big capital» Meint er vielleicht damit Luxemburg als großes finanzielles Kapital?
Viele der über 80 Teilnehmer sind der Meinung, dass es sich lohnt in Luxemburg auszustellen. Einer der Aussteller behauptete, dass nach der Schweiz und Katar,
In Luxemburg am meisten in Kunst investiert würde.
So ist die «Art Fair» nicht als «affordable» sondern als eher als «expensiv» Kunstmesse anzusehen. Preise von über 60.000 Euros sind daher keine Seltenheit.
Richten sich jetzt alle nach Luxemburg, dem neuen Kunstmekka?
Mir kommen dabei aber Zweifel auf.
Wie schon gesagt neue Tendenzen und Talente treten hier nicht in Erscheinung .
Der Gesamteindruck der Messe prägt den Gedanken, dass hier Kunst ausgewählt wurde für Leute die viel Geld haben und auf der Suche nach dekorativer Kunst sind. Stilistisch und farblich passend zu ihrem häuslichen Einrichtungsstil.
Deshalb dominierte eher das Figurative, handwerklich gut gemachte, das schön eingerahmte und das auf den ersten Blick ansprechend Gefällige, bis hin zum tendenziösem Kitschigem.
Aber eine solche Auswahlpolitik kann schnell zum Flop werden!
Ob das Publikum so etwas schätzt? Wohl eher nicht, ich hoffe es wenigstens !
Verkauft wurde nach meinen Recherchen nicht so viel.
Gott sei Dank gab es einige Lichtblicke. Etliche Galeristen waren nicht so richtig mit diesem Konzept der profitorientierten Kunstvermarktung einverstanden.
Diese schienen eher interessiert an wahren, richtigen Kunstsammlern und Kunstliebhabern, nicht an denjenigen die nur in Kunst Inverstieren wollen, also Kunst als bloßes Spekulationsobjekt ansehen.
Sie wollten auch eher junge Künstler fördern, sowie Qualitätskunst und Kunst mit sozialkritischen Inhalten. Dieses sollte eigentlich die Rolle eines guten Galeristen sein.
Als Beispiel hierfür wären die Galerien «My Name’s Lolita Art» Madrid (Spanien) zu nennen, die den jungen spanischen Künstler Paco POMET vertritt, sowie die «Birch Galerie» aus Lodz (Polen) mit dem Künstler-Galerist Leszek Bartkiewicza.
Oder die weniger kommerzielle Galerie» Raum für Zeitgenössische Kunst aus Nürnberg (Deutschland) die In einem alternativen, linksorientierten Viertel in Nürnberg liegt und jungen Künstlern(innen) die Möglichkeit bietet gratis während 6 Wochen auszustellen.
Ein positives Beispiel wäre auch die Galerie «Clifton Boudler» aus Amsterdam (Niederlande) die sich auf die junge «emerging» afrikanische Kunst spezialisiert hat.
Sie zeigt überdimensionale Porträts junger Afrikanerinnen der jungen, südafrikanischen Künstlerin Booshra. Es ist gut, dass afrikanische Kunst endlich auch in der westlichen Kulturhemisphäre enttabuisiert wird.
Die Luxemburger Kunstszene blieb dieser Messe wohl fern. Gott sei Dank könnte man sagen. Denn auch das Interesse an Luxemburger Kunst hielt sich bei den meisten interviewten Galeristen in Grenzen.
Nur die Vertreterin der «Eye Contemporary Art Gallery» aus Hong-Kong hatte sich vorher über Luxemburger Künstler via Internet informiert und konnte so Künstler wie Michel Majerus oder den Fotografen Edward Steichen zitieren. (Asiaten(innen) sind eben fleißiger!)
Mit einigen nennenswerten Ausnahmen Weiß ich nicht ob der Wunsch des Veranstalters
«it’s all about falling in love with art» in Erfüllung gegangen ist?
Man wird es ja spätestens in einem Jahr wissen.
Ein roter Faden zieht sich vom Mudam bis hin nach Kuba und Fidel Castro.
Cristina Lucas Kritik am Kapitalismus : schön aber …. ?
Gibt es villeicht geheime Beziehungen zwischen dem noch « Ex-Direktor des Mudam » und dem Ex-Revolutionsführer Fidel Castro ?Spass beseite, bevor unsere einheimischen Presseorgane diese Falschmeldung zur Schlagzeile machen !
In der aktuellen Mudam Austellung « Trading Transcendence » von Cristina Lucas (Spanien), geht es hauptsächlich um die Macht, die das kapitalistische System auf uns und unsere Welt ausübt.
Genauso dachte auch Fidel Castro, der bereits 1963 erklärte : « Unsere Feinde sind Kapitalismus und Imperialismus, nicht abstrakte Malerei »
Diese scheinbar legitimierte und nicht hinterfragte Macht drückt sich in den Werken der Künstlerin aus, z.B. im Begriff des Mehrwertes durch spekulative Wertsteigerungen, durch die Verwandlung sämtlicher materiellen Elemente in Waren, oder durch das Konzept der Effizienz durch Rationaliserurng und Vereinheitlichung.
« MONOCHROMES », 2016, besteht aus einer Serie von 10 grossformatigen Arbeiten, die aus der Ferne gesehen wie einfarbige, abstrakte Bilder aussehen.
Allerdings bestehen die Bilder in Wirklichkeit aus übereinandergedruckten Firmenlogos. Da sie sowohl auf die Hintergrundfläche sowie auch auf das schützende Glas davor gedruckt wurden, entstehen so interessante, visuelle Nebeneffekte.
Die Farben spielen eine wesentliche Rolle. Die Farben der Logos werden bewusst nach den Gesetzen des Marketing gewählt, um uns Verbraucher zu manipulieren. So suggerieren grüne Töne z.B. Natur und Gesundheit. Lucas geht es darum, die Farbe wieder als Farbe wahrzunehmen und nicht mit kommerziellen Konnotationen zu verbinden.
« ELEMENTAL ORDER », 2016, besteht aus einem imposanten LED-Bildschirm auf dem kontinuierlich die aktuellen Börsenpreise der mineralischen Grundelemente unserer Erde angezeigt werden. Aluminium, Zink, Kupfer usw. Hier wird uns bewusst gemacht, dass im Kapitalismus alles Materielle in Waren umgesetzt werden kann, getreu dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.
« CLOCKWISE », 2016, heisst die Installation in dem mit weissem Teppichboden belegten ovalen Raum . Mit Hilfe von 360 tickenden Wanduhren, die 4 Minuten versetzt sind und zusammen einen Tag ergeben, macht die Künstlerin uns bewusst, wie im Kapitalismus die Zeit tickt. Dauernd. In einer kapitalistischen Ökonomie muss alles « just in time sein » (so wie z.B. in der Automobilindustrie). Denn « time is money ». In einer mondialisierten Wirtschaft stehen die Laufbänder nie still. Weltweit wird 24 auf 24 Stunden weiter produziert.
« PHILOSOPHICAL CAPITALISM » ist eine Installation die aus 10 veschiedenen Videoprojektionen besteht. In diesen Videos werden Akteure von Unternehmen interviewt, die sich am kapitalistischen Wirtschaftsystem orientieren. Die Fragen, die ihnen gestellt werden, betreffen aber nicht die Wirtschaft, sondern Werte, so z.B. das Wort Wahrheit für einen Notar. Die meisten Protagonisten verstehen diese Begriffe allerdings nur unter ihrem wirtschaflichen Aspekt. So beweisst uns die Künstlerin, dass wir vergessen haben, solchen Begriffen auf ihren philosophischen Grund zu gehen.
Im Video » TOUCH AND GO », 2010 , sind die Hauptakteure ehemalige, entlassene Textilarbeiter der Firma « Europleasure International Ltd », die als Folge der Globalisierung schliessen musste. Dieses Video drückt die Machtlosigkeit der Betroffenen aus, obwohl sie mit Steinen die noch letzten intakten Fensterscheiben zerschmettern, wird die Fabrik wohl für immer geschlossen bleiben.
In « SURPLUS VALUE » , 2014, geht es um die Vermarktung des Buches « Das Kapital » von Karl Marx, dessen Original zu einem spekulativen Verkaufsobjekt geworden ist und so im krassen Gegensatz zum wahren Inhalt des Buches steht.
Man sieht also, dass Lucas dem Commandante aus der Seele gesprochen hat.
Kritik am Kaptitalismus : schön aber…
Man kann nur hoffen, dass sich die Besucher der Austellung in Zukunft mehr Gedanken über die Mechanismen von Macht, Kapitalismus und Globalisierung machen werden. Wunschdenken oder ? Denn Zweifel kommen auf.
Erstens ziehen die Ausstellung keine Menschenmassen an, und die wenigen, die den Weg ins Museum finden, kommen eher gut mit dem System zurecht.
Zweitens muss man feststellen, dass die Künstlerin selbst Teil eines kapitalistischen Kunstsystems ist.
Denn in diesem System geht es auch um Macht.Denn Milliardäre, Kuratoren und Museumsdirektoren bestimmen, was Kunst zu sein hat und was nicht!
Drittens geht es auch um viel Geld. Weil Banken keine Zinsen mehr gewähren, lässt sich mit Kunst vielleicht noch Geld verdienen. Die Auktionshäuser Christie’s und Sotheby’s melden neue Verkaufsrekorde. Kunst ist längst ein Investitionsobjekt geworden und unterliegt schon lange den Gesetzen des Angebotes und der Nachfrage. Warum tummeln sich so viele Menschen lieber in Kunstmessen als in Museen herum ?
Kann man doch nur etwas verändern, wenn man selber an die Macht kommt.
Was wäre, wenn Cristina Lucas den kubanischen Künstlern mitteilen würde, sie sollten nicht Teil des kapitalistischen Kunstmarktes werden, und sie müssten weiterhin auf altes Telefonbuchpapier malen ?
Man kann ihnen nur raten, sich nicht zu schnell an die uniformisierte, mondialisierte Kunst anzupassen.
In der Tat, kubanische Kunst hat ihre Eigenart, beeinflusst durch multikulturelle Verschmelzungen. afrikanische oder hispanische Kulturen, China, Russland, oder nicht zuletzt die ehemalige DDR, sie alle haben ihre Spuren im künstlerischen Schaffen der Kubaner hinterlassen.
Und zu guter Letzt bleibt die Künstlerin uns noch eine Antwort schuldig. Was ist ihre Alternative?
Ein Kapitalismus der vielleicht humaner, gerechter und sozialer ist?
Moka, Moka sozialistischer Realismus!
Das könnte man glauben, besucht man eine Ausstellung des russischen Künstlerduos Dimitri Gaev-Orlov und Andrei Vereschagine. Eine Gelegenheit dazu gab es vor kurzem im russischen Kulturzentrum 32, rue Goethe in Luxemburg.
Gaev-Orlow und Vereschagine sind abstrakte Künstler, ihre Werke bestehen meist aus einfachen geometrischen Grundformen wie -Viereck, Dreieck, Kreis- oder aus abstrakten Zeichen und Symbolen.
Gold und Silber, die dominierenden Töne, wirken durch ihre intensive Strahlkraft wie das helle Blitzlicht eines Fotoapparates.
Es ist keine traditionelle Maltechnik, in der mit Pinsel auf Leinwand gemalt wird.
Beide Künstler arbeiten mit Acrylfarben , dick aufgetragen und durch linienartige Strukturen durchfurcht . So entstehen reliefartige Oberflächen, die einen an die Maltechnik eines Vincent Van Gogh oder australischer Aboriginkünstler erinnern.
Die Werke sind entweder Einzelwerke oder Kombinationen aus zwei oder mehreren kleineren Formaten, die je nach Anordnung, kreuzförmige Kombinationen bilden können.
Die beiden Künstler definieren ihre Kunst als “Systematische Kunst”. Die Kunst von Systemen.
Nennen wir hier nur die Wichtigsten.
Die Werke symbolisieren “kosmische Systeme” und Kräfte, da wo die Linienstrukturen an kosmische Magnetfelder erinnern. Kunst wird so zum vereinenden Moment, denn unsere Erde, die ganze Menschheit, ist in ein solches System eingebunden. Unsere Gedanken verlassen so die irdische Realität und verirren sich in den grenzenlosen Räumen der Kompositionen, die daher bewusst über den Bildrand der Leinwand hinausgehen.
Der Begriff des Kosmischen ist nicht neu . Wir begegnen ihm bereits bei Künstlern der ersten russischen Avantgarde . In Kasimir Malevitchs suprematistischen Kompositionen schweben die abstrakten Formen in einer Art schwerelosem, kosmischen Raum.
Es geht um “triadische Systeme”, um dreiteilige Strukturen (wie zum Beispiel in der Litteratur “These- Antithese- Synthese ). In solchen Systemen wirkt das dritte Element immer versöhnend , bringt die Gegensätze zusammen oder führt zum Kompromiss.
Die Künstler vermeiden bewusst dualistische Systeme, da diese meist aggressiv und disharmonisch wirken.
Triadisch ist zum Beispiel der Gebrauch der 3 Grundfarben oder der 3 Grundformen, Kreis, Dreieck und Quadrat. Solche Systeme der Ordnung und des Ausgleiches, man könnte auch von der Idee einer universellen Harmonie reden, erwecken beim Zuschauer ein Gefühl der Ruhe. Beim längeren Hinsehen wird man beinahe in eine Art meditativen Zustand versetzt.(wie vor den Opartbildern einer Bridget Riley)
Welch ein Glück, werden wir doch tagtäglich mit einer immer chaotischeren, globalisierten Welt konfrontiert!
Triadisch ist auch der Wille Kunst, Wissenschaft und Technologie in Einklang zu bringen. Kunst durch das Malmaterial Acryl und Leinwand, Wissenschaft durch exakt ausgerechnete Proportionen und Technologie durch den Gebrauch von metallischen Farben wie Gold und Silber.
Es geht schlussendlich aber auch um “politische Systeme” die den Werken zugrunde liegen. Die Werke sublimieren die Idee einer nationalen, russischen Identität, einer neuen russischen Avantgarde Kultur, die versucht die Welt zu verbessern indem sie die Kunst erneuert. Ihnen schwebt als erstrebenswertes Ziel die Schaffung einer Art “Weltunion” vor. Man geht also weit über die Idee einer bloßen Europäischen Union hinaus.(und ein neuer Posten für J.C Juncker wäre geboren!)
Das postmoderne Zeitalter ohne große Utopien scheint also vorüber zu sein!
Die Welt erneuern , Ordnung schaffen, alles besser und humaner machen.
So verlässt man dann auch die Ausstellung mit dem Gefühl dass, das was Politik nicht erreicht,
wenigsten im Bereich der kleinen Kunstwelt zu erreichen ist . (MAPK)
Wenn modernistische Architektur zum Psychothriller wird.
Das erlebt man bei die Austellung « La nuit politique »von Aude Moreau im Casino Luxemburg.
Ein Psychothriller ohne Psychopathen, nur mit moderner Architektur, Wolkenkratzern und « L.A by night » geht das überhaupt?
Hollywood hat noch nicht daran gedacht, aber Aude Moreau schon lange.
Im ersten Stockwerk des Casinos Luxemburg, belehrt uns die kanadische Künstlerin, mit einer kleinen Auswahl von videografischen, fotografischen sowie akustischen Arbeiten, eines Besseren.
In « Sortir » (2010), eine Videoarbeit auf grossformatigem Flachbildschirm, umkreist ein Helikopter die Börse von Montreal. Beleuchtete Bürofenster schreiben das Wort « Sortir » in die dunkle Nacht der Grossstadt.Es fordert die Einwohner Montreals
auf während der sogenannten Nacht der Museen, ihr Haus zu verlassen, um von den diversen kulturellen Angeboten dieser Nacht zu profitieren.
« Inside » (2015), eine grossformatige Videoprojektion, zeigt das dreissigminutige Standbild einer nächtlich beleuchteten Fassade eines Bürogebäudes in Downtown L.A. Nur wenige sich bewegende, menschliche Silhouetten und einzelne, flimmernde Computerbildschirme erinnern uns daran, dass es sich hier um ein Video handelt und nicht um eine grossdimensionierte Fotografie.
« The End »(2015) zeigt, in einem sogenannten « plan séquence » mit Rückwärtszoom, den nächtlichen Überflug von L.A und Hollywood . An einem der Wolkenkratzer von Downtown L.A kann man, durch das Spiel von beleuchteten Bürofenstern, das Wort « The End » erkennen.
In « Reconstruction »(2012) filmt die Künstlerien die imposante Wolkenkratzerkulisse von Lower Manhatten, NY.Eine perfekte gleichmässige Kameraaufnahme von einem Boot aus mitten im Hudson River.
Die Computeranimation « Less is more » ist eine Art Hommage an den grossen, deutschen Architekten Mies van der Rohe.
Neben diesen Videoarbeiten zeigt uns die Künstlerin eine Reihe von digitalen Fotografien die sich alle mit dem gleichen Thema befassen. Moderne nordamerikanisch–kanadische Grossstädte.
Fazination ist der erste Eindruck. Faszination der spektakulären Bildaufnahmen, des riesigen, geografischen Ausmasses solcher Megacitys, der Gradlinigkeit der Avenuen, der imposanten Silhouetten der Wolkenkratzer. Fazination des sublimen Lichtschauspiels welches gleich eines hell erleuchtenden Sternehimmel auf uns einwirken. Man wird ungewollt in eine Art meditativen Zustand versetzt. Die Gefahr besteht dass wir so Opfer einer Fiktion werden, der Fiktion reicher, amerikanischer Grossstädten, wo Geld regiert und den Menschen glücklicher machen soll.
Nichts desto trotz zwingt Aude Moreau uns, auf subtile Art und Weise, einen neuen Blick auf solche Städte zu werfen und uns in tiefere psychologische Ebenen zu begeben. Dieser Blick wird viel zweideutiger, nebelhafter und verschwommener.
Die Nacht die wir hier erleben ist eine politisch, dekadente Nacht, ein Alptraum.
Die Nacht lässt ihre Monster in eine enthumanisierte Urbanität frei. Diese werden durch die imposanten Wolkenkratzer mit ihren abends grell beleuchteten Firmenlogos symbolisiert.
Moreau kritisiert somit den ausbeuterischen Kapitalismus, den frenetischen Produktivismus, die Überproduktion von Waren und Bildern, die Macht der sogenannten mondialisierten Ökonomie. Daher die Neuformulierung des berühmten Bauhausslogans in der Computeranimation « less is more » in « is less more or »?
Die Welt kommt nicht mehr zur Ruhe, sogar am Vorabend eines Weinachtsfestes. In den Bürogebäuden brennen nachts die Lichter. Computer flimmern bis ins Morgengraue hinein. Ein böses Erwachen ist nach solch politischen Nächten zu erwarten.
Eine Umweltkatastrophe riesigen Ausmasses bedroht New-York. Kein Wunder denn wir wissen dass die USA, neben China, der grösste CO2 Produzent unseres Planeten ist.Dies wird uns in dem Video « Reconstruction » vor Augen geführt. Eine blaue Linie, der mit blauer Folie zugeklebten Fenster der grossen Banken, wie Standards und Poors, Goldman Sachs, Citybank und American Express in Downtown Manhattens Skyline zeigt die Höhe des Wasserstandes (65 Meter), würden alle Eisberge der Welt gleichzeitig schmelzen. Diesen Banken und Grosskonzernen würde dann das Wasser regelrecht bis zum Halse stehen. Ob man sich darüber freuen sollte?
Moreaus Videos suggerieren Weltuntergangsstimmungen. Sie bedient sich der filmischen Sprache düsterer Katastrophenfilmen.
Die Rotorenblättergeräusche des Helikopters in « Sortir » kann man als Allusion an « Apocalypse now »von Francis Ford Coppola verstehen.In den Videos bedient sie sich tiefbassigen Soundtracks.
Die Künstlerin wehrt sich nicht nur inhaltlich und symbolisch gegen diesen Trend des unbegrenzten Wirtschaftswachstums.
Sie beweisst das auch praktisch dadurch dass sie nur mit dem arbeitet was bereits exisitiert, wie zum Beispiel beleuchtete Büroräume, Wolkenkratzer, Firmenlogos usw. Ihre Arbeiten hinterlassen keine materiellen Spuren, keinen » künstlerischen Abfall ». Die nächtlichen Aufnahmen verstärken die Idee der Leere. Die Nacht entmaterialisiert die Grossstadt.
Die Künstlerin, deren Arbeit man eher als konzeptionell definieren kann, inspiriert sich an Autoren die sich alle mit dem Phänomen des Urbanismus im Kapitalismus befasst haben. So zum Beispiel Guy Debord, Georg Simmel oder Georges Perec.
Latente Weltuntergangsstimmungen, eine Gesellschaft, die immer mehr im kapitalistischen Sumpf zu versinken droht. Andy Warhol wäre nicht »amused », er der grosse Verehrer amerikanischer, moderner Grossstädte und des sogenannten « American way of life »
Der Betrachter verlässt die Austellung denn auch mit einem ambivalenten Gefühl: eine Mischung aus Erstaunen und Angst zugleich.
Faszination für das überdimensionierte, grossartige, nächtliche Schauspiel amerikanischer Grossstädte. Angst vor dem politisch, sozial und ökologisch Unkontrollierbarem.
Geht man nachher in Richtung Boulevard Royal, so kreisen unsere Gedanken unweigerlich, gleich Hubschrauber-Rotorenblätter um die Macht der Banken in Luxemburg. Untermalt werden diese Gedanken durch einen fortwährenden Soundtrack des Verkehr-und Baulärms .Hier stösst Kunst auf Realität.
Es wird Zeit, dass Kunst wieder gesellschaftskritisch wird!
Richtung 22 will es versuchen.
Die Nachfrage nach gesellschaftskritischer Kunst ist auf dem aktuellen, internationalen Kunstmarkt nicht sehr groß. Denn welcher Millionär käme auf die Idee, ein teures Kunstwerk in seiner Villa aufzuhängen, das soziale Ungerechtigkeit, Armut oder Ausbeutung darstellt. Kommerzielle Kunst die gefällt, verkauft sich eben besser! Vorbei sind die Zeiten, wo kritische Künstler wie Georg Grosz, Otto Dix, John Heartfield Bilder und Fotomontagen realisiert haben, die politische Sprengkraft hatten.
Einer probierte es dennoch später : Joseph Beuys. « Jeder Mensch ist ein Künstler » war eine seiner bemerkenswertesten Aussagen. Würde man das wörtlich nehmen, so müsste man sicherlich die Luxemburger Polizei davon ausschließen. Oder steckt in dem einen oder anderen Polizisten doch das Talent eines Hobbykünstlers? Nein. Beuys meinte, dass in jedem Menschen kreatives Potential stecke, mit dem man die Gesellschaft radikal verändern könne. Man könnte also die Mitglieder der Gruppe « Richtung 22 » als seine Enkelkinder ansehen. Kreide war übrigens auch ein beliebtes Ausdrucksmittel bei Joseph Beuys.
Oft wird behauptet, dass Kunst im Dienste der Gesellschaft reine Utopie sei oder nur, wie in der früheren Sowjetunion, zu Propagandazwecken missbraucht werde. Wie man bei der Kunstaktion am letzten Nationalfeiertag sehen konnte, ist politische Kunst nach wie vor ein brisantes Thema. Ohne Fett und Filz, nur mit Kreide, ist es den Mitgliedern des Kollektivs gelungen, grundsätzliche Fragen über die Zukunft unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu stellen. Hut ab ! Dabei geht es aber nicht um den weltbekannten Filzhut des berühmten Künstlers.
Ein Appell an die Mitglieder von Richtung 22 : « Lasst eurer Kreativität freien Lauf. Vergesst eure Schulzeit, wo ihr zu angepassten Mitbürgern erzogen wurdet. Lasst euch nicht einschüchtern bei dem Versuch, Kunst via Internet zu demokratisieren, denn es gibt nach wie vor eine Mehrzahl junger Leute, die sich nicht in eine Kunstgalerie hinein trauen ».
Dabei fällt einem spontan das Buch „Indignez-vous !“ von Stéphane Hessel ein. Diese Aufforderung sollte jedoch nicht aus dem reaktionären Mund derjenigen kommen, die sagen, dass die Verantwortlichen der Aktion vor der Philharmonie ihren Mist zuhause an ihre Klowände schmieren sollten.
Dass « Kunst ? » hier in Luxemburg wieder zu gesellschaftspolitischen Diskussionen führen kann, hätte sich nicht träumen lassen. Käme es zu der erhofften Mentalitätsveränderungen, so wäre ich gezwungen, den nächsten Nationalfeiertag hier in Luxemburg zu verbringen. In diesem Falle würde ich dann auch gerne die neue Nationalhymne mitsingen !
Fotografien zwischen Schock und Faszination!
« Away from home », eine Ausstellung über Menschen auf der Suche nach einer neuen Heimat.
« Away from home » ist der Titel einer Fotoaustellung die vom 6. bis 23. Oktober in Neimënster-Luxemburg zu sehen ist. Acht Fotografen, darunter sechs Osteuropäer stellen hier, etwas dicht gedrängt, DINA2 formatige, digitale Prints, in Farbe oder in Schwarz-Weiß aus. Die Bilder zeigen Menschen, Männer, Frauen, Kinder, die freiwillig oder unfreiwillig ihr Zuhause verlassen mussten, oder gar kein Zuhause ihr Eigen nennen können.
Matej Povse (Slovenien), Matic Zorman (Slovenien) und Maciek Nabradalik (Polen) fotografierten Flüchtlinge auf ihren langen Wegen quer durch Europa. Sven Becker (Luxemburg) berichtet über das Schicksal von Flüchtlingen, die bereits in Luxemburg leben, Patrick Galbats (Luxemburg) und Adam Lach (Polen) interessieren sich für das Alltagsleben der Romas in Polen und Moldavien.Radu Ciorniciucs (Rumänien) Projekt befasst sich mit den Strassenkindern von Bukarest, die unter der Stadt leben. Maciek Nabrodalik (Polen) zeigt, wie frühere Einwohner von Chernobyl heimkehren, um ihre zerstörten Häuser wieder in Augenschein zu nehmen. Margo Skwara (Polen) porträtiert Ausländer, die es gewagt haben, in Luxemburg ein neues, Berufsleben anzufangen.
Es sollten dokumentarische Aufnahmen werden, soziologische oder ethnografische Studien, da viele der hier präsentierten Fotographen an sich Fotojournalisten sind. Aber es gelingt ihnen, mehr daraus zu machen! Viele Prints verdienen ebenfalls das Prädikat « Kunstfotographie », da sie ganz einfach ästhetisch und schön anzusehen sind. Viele Nachtszenen erinnern einen an Werke von Caravaggio oder El Greco. Dagegen verweisen unscharf aufgenommene Szenen auf den noch lebenden deutschen Maler Gerhard Richter.
Diese permanente Zweideutigkeit, zwischen Real und Irreal bis hin zu Surreal, diese fließenden Übergänge zwischen Objektivität und Subjektivität machen den Ausstellungsbesuch besonders empfehlenswert. Man ist schockiert und zugleich fasziniert. Beim Anblick dieser Bilder macht sich ein schwer beschreibbares, ungutes Gefühl breit. Dieses Gefühl ist weniger ausgeprägt bei der Serie von Arbeiten über Flüchtlinge, die es bis nach Luxemburg geschafft haben, um hier ein neues, zweites Leben anzufangen. Warum ? Nun, diese Flüchtlinge werden mit ihrem Namen genannt, es sind Menschen mit einer Identität, einem Beruf, einem Lebenslauf.
Das ungute Gefühl weicht der Bewunderung und dem Respekt. Die meisten von ihnen wollen mithelfen unser Land voran zu bringen. Aussagen wie : « ich liebe Luxemburg, weil es multikulturell, offen, kosmopolitisch ist » sind bemerkenswert, genauso wie auch die Bitte nach einem notwendigen, interkulturellen Dialog.
Man verlässt die Ausstellung mit einem weinenden und einem lachenden Auge, und mit der Angst
dass es jeden von uns treffen kann. Umweltkatastrophen, politische Konflikte könnten uns in Zukunft auch zu Flüchtlingen machen. Man denke nur an Cattenom, wenn wir bei strahlend blauem Himmel drei weiße Wolken wie Pilze in den Himmel aufsteigen sehen. (Mapk)
Künstler-Squatting in Luxemburg? Wenn abrissreife Gewerbebauten zu Kunstgalerien werden.
Ob alter Schlachthof wie in Esch-Alzette, alte Villa ganz in Weiss wie in Lorentzweiler, man kann das Phänomen nicht mehr leugnen, dass immer mehr vom Abriss bedrohte Gewerbebauten in Luxemburg für geraume Zeit als Kunstgalerie genutzt werden.
So kam jetzt auch im September dieses Jahres eine weitere « Location » hinzu, die FUEL BOX 301 ,301 route d’Arlon in Strassen.
Allerdings kann man in diesen Fällen nicht von illegalem «Squatting » reden, wie es oft, interessanterweise, in einer authentischen Streetartzene üblich ist. Nein, in diesen Fällen waren die legalen Besitzer mit der Aktion einverstanden, und dafür gebührt ihnen Anerkennung.
Betritt man eine solche «Location », so ist man erst einmal ein wenig schockiert, ist man doch eheran weisse Galeriewände oder halbleere Museumsräume gewohnt.
Hier jedoch stehen jedem Akteur eine Wand, ein Raum (aussen oder innen) zur freien Verfügung. Dies ist wohl das Interessanteste an der Sache.
Die Akteure schaffen Kunst « in situ » also vor Ort, lassen sich von den gegebenen räumlichen Strukturen inspirieren und stellen nicht einfach nur im Atelier vorgefertigte Werke aus! Gut so! So kann es dann vorkommen, dass ein ehemaliger Toilettenraum Teil einer Installation wird, dass ein abstraktes Bild auf einen vorgefundenen Heizkörper gemalt wird (wie im Falle von FUEL BOX 301).
Hält man hier nach kommerzieller Kunst Ausschau, so ist man doch wohl eher fehl am Platze, hier geht es um kritische Kunst, Kunst mit sozialem und politischem Charakter. Es versteht sich von selbst, dass hier kein nobles Szenepublikum erwartet wird, und daher gibt es denn auch meistens Bier anstatt teuren Markensekt !
Hoch lebe die alternative Kunstszene !
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch. Diese zeitlich begrenzten « Locations » sind schlussendlich doch nur Ausdruck eines Armutszeugnisses, nämlich der Beweis für fehlende, alternative Austellungsmöglichkeiten in Luxemburg. Warum bietet nicht jede grössere Gemeinde ihren dort lebenden Kulturschaffenden solche «Locations » dauerhaft an ?
Eine Frage dann auch an die kulturell und politisch Verantwortlichen dieser Gemeinden!