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Museumswächter der langweiligste Job der Welt?

Als Museumswächter kommt man sich vor wie ein verwilderter Hund, der am Strand der portugiesischen Algarve herumstreunt. Er liegt die meiste Zeit unter Pinien und döst scheinbar gelangweilt vor sich hin. Doch er ist hellwach. Alles was um ihn herum geschieht registriert er mit detektivischer Genauigkeit…

Eine bessere Beschreibung des Berufes Museumswächter wie die von Mirko Wenig in seinem Artikel « Mein Leben als Museumswärter » in der Zeitschrift « Kunststoff » gibt es wohl nicht.

Die im Volksmunde oft diskriminierende Aussage, Museumswächter wäre der langweiligste Job der Welt, kann man so nicht stehen lassen.

Auch die Berufsbezeichnung « Wärter » ist nicht ganz passend, weil sie allzu sehr an die Tätigkeit in einer Strafanstalt erinnnert. Der Museumsbesucher würde dann gleichgesetzt mit dem Status eines Verbrechers. Das ist aber nur wahr in dem Fall wo, wie so oft, Künstlerkollegen anderen ihren Stil oder ihre Ideen kopieren.

In jedem Fall ist dieser Job nicht Jedermans Sache.

Wichtigste Voraussetzung wäre folgende: Anwesenheit in der Abwesenheit zeigen. (klingt wie eine
diskriminierende Aussage gegenüber Staatsbediensteten !). Der Wächter muss also für den Besucher unsichtbar sein, damit er den Gast nicht beim Betrachten der Austellunsgstücke stört und er muss gleichzeitig immer auch Präsenz zeigen, so dass sich der Gast nie unbeobachtet fühlt.

Deshalb kann man dem Beruf des Wächters den selben Status wie den von Geistern und Gespenstern geben oder toten Personen um die man trauert. Man muss also ständig in einer Art Schwellenzustand sein und einen Spagat zwischen Sein und Nichtsein machen können.

Für diesen Job braucht man ausserdem viel psychologisches Feingefühl. Denn Leute unbemerkt zu beobachten, bedeuted Menschen aus den Augenwinkeln heraus zu beobachten ohne sie direkt anzu- schauen. Man darf den Besucher nämlich nicht verunsichern. Demnach gilt es so diskret wie möglich zu sein.

Man muss erkennnen wann ein Besucher vor einem Kunstwerk in Extase fällt, um ihn in gar keinem Fall dann dabei zu stören. Das wäre genau so schlimm wie wenn ein Priester einen Gläubigen beim innigen Beten plötzlich stören würde.

Doch damit nicht genug. Eine weitere Belastung des Berufes käme hinzu, nämlich die negativen psychologischen Effekte der sogenannten Monotonie.

Tatsache ist dass in diesem Beruf kein Mensch mit einem redet . So ist man als Wächter gezwungen dauernd Selbstgespräche zu führen. So wird man seelisch schnell verwundbar und die Gefahr der Vereinsamung ist umso grösser.

Viele Wächter behaupten die Arbeit würde einem bereits nach 3 Wochen aufs Gemüt schlagen.
Sie ertragen dann sogar das Summen der Neonleuchten nicht mehr. Sie entdecken dann in abstrakten Bildern, Figuren und Gesichter, die sie dann später beim Psychotherapeuten deuten müssen.

Viele kämen, laut einer britischen Umfrage bei Museumswachleuten, in die Versuchung ein Kunstwerk einfach zu zertrümmern oder ein Porträt nachträglich mit einem Schnurrbart zu versehen. Nein, das ist kein Scherz vom britischen Komiker Mr BEAN !
Natürlich kann man sich vorstellen, dass das Austellen von sogennantem Kunstschrott, manch einen Aufseher auf die Palme bringt, weil er denkt dass er auch so was herstellen könnte.

Eine andere psychische Belastung die bei der Ausführung dieses Berufes auftreten kann ist die des Lärmes. Das kann einen verwundern, herrscht doch meist in Museen eine ruhige, fast andächtige Stimmung wie z.B in Kirchen.

Dies kann der Fall bei sogenannten Videoinstallationen sein.In einem Berliner Museum gab es einmal eine Installation des israelischen Künstlers Absolon mit dem Titel « Bruit ».Lärm und Geschrei in einer Endlosschleife was dessen Inhalt. Das Aufsichtspersonal musste diese Situation auf stoische Art und Weise stundenlang ertragen. Sie machten so einige Zeit lang den schwersten Job der Hauptstadt. So was kann nur die Mutter einer 6 köpfigen Kleinkind Familie aushalten, ein Formel1 Fan oder jemand der direkt neben einem internationalen Flughafen wie Frankfurt am Main lebt. Aber da gab es Gott sei Dank das sogenannte Rotationsprinzip.

Eine zusätzliche psychische Belastung ist die Müdigkeit. Das erklärt warum bei Bewerbungsaus- schreibungen immer nach der Stehqualität gefragt wird. Denn in aller Öffentlichkeit stehend einschlafen ergibt kein schönes Bild. Man denke da nur an eingeschlafene Reisende in Zügen oder Flugzeugen. Es gilt Strategien zu entwickeln dem vorzubeugen, wie z.B das bewusste und präzise anspannen verschiedener Körperteile und Muskeln. Natürlich alles ganz diskret, versteht sich von selbst.

Langweile und Müdigkeit treten aber meistens nur auf wenn die Austellung an sich ein totaler Flop ist.

Museumswächter sind froh über jede Art von Abwechslung und das klingt paradox. Sie freuen sich z.B auf gelangweilte oder undisziplinierte Schulklassen, auf Besucher die ihre Nase zu nah an Kunstwerke halten oder jene die Selfies von antiken Statuen machen zwecks Penisvergleich.

Museumswächter müssen noch weitere Voraussetzungen anbieten können, wie z.B einen reibungslosen Durchlauf der Besucher garantieren, Grundkenntnisse der Sammlung besitzen, deeskalierendes Auftreten in Konfliktsituationen beweisen, verdächtige Persone überwachen können, Zutrittskontrollen machen
und Schlüssel gewissenhaft verwalten können.

Daneben werden weitere Qualitäten geschätzt. Köperlich belastbar sein, langes Stehen ertragen, am Wochenende gerne arbeiten, ein gepflegtes Äusseres haben, eine freundliche Austrahlung haben, teamfähig sein. (gewisse Parallelen zum Friseurberuf sind hier unverkennbar)

In Deutschland wird der Mindestlohn bezahlt, also ungefähr 9,35 Euro die Stunde. Die wöchentliche Arbeitsdauer liegt zwischen 30-40 Stunden.

Sind Museumswärter überall gleich ?

Ja ausser in Russland. In St. Petersburg sind die Museumswächter hauptsächlich ältere Frauen, die ihre eigenen Kleider tragen. Sie hatten früher einen guten Job, sind jetzt in Rente und sind stolz auf ihre Arbeit. Anstatt auf einer Parkbank zu hocken und über ihre Wehwehchen zu jammern sitzen sie lieber im Museum. Sie empfinden diesen Job als patriotische Aufgabe ! (Hört, hört Leute in den Altersheimen hier zu Lande !)

Hinweis :
Dieser Artikel basiert hauptsächlich auf « second hand « Informationen, weil man dem Wachpersonal in
den Museen hier in Luxemburg keine Fragen stellen darf. So erlebt vor kurzem im MUDAM, Luxemburg. Will man also etwas über die Arbeitsverhältnisse des Personals herausfinden, bleibt einem nichts anders übrig, als auf die altbewerte « Undercovermethode » eines Günter Wallraffs zurück zu greifen !

Doch wer wagt das ?

QUELLEN :
« Mein Leben als Museumswärter », Mirko Wenig, Kunststoff.
« Das ist der schwerste Job der Hauptstadt », Jörg Niendorf, Welt N24.
« Schlimme Berufe », miesepeters.de
« Aufpassen »,Max Fellman,Andy Freeberg, Süddeutsche Zeitung.
« Wenn Museumswärter endlich » « Scheissdreck » schreien, Welt24 -Kultur